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Jahresbericht 2020

Engagiert durch die Pandemie

Gemeinsam
gegen Corona

Engagiert durch die Pandemie

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Ende Februar 2020 begann mit dem ersten bestätigten Corona-Fall im Rhein-Neckar-Kreis ein neues Kapitel für UKHD und MFHD. Mit viel Teamgeist, interprofessionellem Miteinander und Ideenreichtum stellten sich unsere Mitarbeitenden der Herausforderung Pandemie. Hören und lesen Sie mehr über unseren Alltag während Corona, die innovative Innitiative des Corona-Taxi und über die Projekte im Forschungsnetzwerk der Universitätsmedizin (NUM)

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Stationäre
COVID-19-Erkrankte 2020

211

Absolventen Sommersemester 2020

507

Hausbesuche Corona-Taxi Mai bis Dezember 2020

Arbeiten während der Pandemie: Was hat sich verändert, was haben wir gelernt?

Dem Auftreten der ersten Corona-Fälle in Deutschland folgte eine intensive Zeit mit Anspannung und der Konfrontation mit einer zunehmend ernsten Lage. Die Kliniken der Metropolregion Rhein-Neckar bündelten ihre Kapazitäten und Kräfte und übernahmen mehr denn je Verantwortung für Mitarbeitende und die Menschen in der Region. Das UKHD koordinierte zentral die Versorgung von COVID-19-Patientinnen und -patienten und steuerte Notfallkonzepte und Maßnahmen des Infektionsschutzes. Auch die Medizinische Fakultät startete das Sommersemester 2020 unter diesen besonderen Bedingungen. Fast alle Lehrangebote der „Vorklinik“, dem ersten Abschnitt des Medizinstudiums, wurden fortan in digitaler Form erstellt und in eine online Lehr- und Lernplattform eingebunden.

Jetzt reinhören: Prof. Dr. Uta Merle und Carina Schweitzer im Podcast

Wie ist es, wenn man an vorderster Front kämpft? Wie verändert die Pandemie bis heute Arbeit und Alltag? Moderator Robin Krüger, Gesundheits- und Krankenpfleger in der Neurologischen Klinik sprach mit Prof. Dr. Uta Merle, kommissarische Ärztliche Direktorin der Klinik für Gastroenterologie, Infektionen, Vergiftungen) und Carina Schweitzer, Fachkrankenpflegerin für Intensivpflege und Anästhesie.

Carina Schweitzer, Fachkrankenpflegerin für
Intensivpflege und Anästhesie

Prof. Dr. Uta Merle, Fachärztin für Innere Medizin

Carina Schweitzer & Prof. Dr. Uta Merle

Alltag mit Corona heisst, Probleme in Rekordzeit zu lösen.

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Unseren Podcast zum Nachlesen

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Robin Krüger: Herzlich willkommen zu unserem Podcast mit Carina Schweitzer, Fach- Krankenpflegerin für Anästhesie und Intensiv auf der Gastroenterologischen Intensivstation in der Medizinischen Klinik in Heidelberg und Frau Prof Uta Merle, kommissarische Ärztliche Direktorin der Gastroenterologie in der Medizinischen Klinik in Heidelberg. Wir sprechen heute über die Corona Pandemie. Frau Professor Merle, was haben wir aus der Pandemie gelernt?

Uta Merle: Das wofür wir eigentlich Wissenschaft machen, also um zu lernen, war in der Pandemie beschleunigter Form möglich. Wir waren natürlich gezwungen sehr schnell zu handeln und zu forschen, aber gleichzeitig war auch der Druck weg, erstmal Leitlinien zu lesen bevor man irgendwas macht. Man war durch die akute Situation in gewisser Weise auch freier, um Forschungsprojekte anzustoßen, Wissen zu generieren und jeden Tag neue Aspekte der Krankheit zu entdecken. Daraus ist eine unheimlich agile Zusammenarbeit entstanden. Wir haben viel stärker und viel mehr eine Vernetzung und Interaktion mit diversen anderen Abteilungen und der Thoraxklinik aufgebaut. Daraus sind Folgeprojekte – nicht nur auf COVID-19 bezogen – und deutschlandweite Interaktionen und Netzwerke entstanden.

Robin Krüger: Carina, mit welchen Herausforderungen wart ihr konfrontiert? Gab es ein oder zwei Probleme die am größten waren wo du im Nachhinein denkst das war schon das schwierigste?

Carina Schweitzer: Die Pandemie hat gezeigt, dass gängige Strategien nicht mehr möglich waren, einfach aufgrund der hohen Flexibilität die allen durch die schwankenden Infektionszahlen, abverlangt wurden. Letztendlich war das Schwierigste den Personaleinsatz zu planen und natürlich auch die Bettenplanung. Die Frage: Wie viele COVID-Patienten können wir betreuen? Bei uns steht der Patient im Mittelpunkt und wir wollten immer die bestmöglichste Betreuung der Patienten aufrechterhalten. Schwierig war auch das Schnittstellenmanagement, weil natürlich nicht nur die Pflege im Pandemiegeschehen im Fokus stand, sondern auch die Schnittstellen zur Wäscherei oder Reinigung. Das sind alles Menschen die auch in der Hygiene geschult werden und natürlich dann auch flexibel reagieren mussten. Auch die Behandlung hat uns vor Herausforderungen gestellt, weil der Virus sich verändert und dadurch auch das Krankheitsbild der Patienten. D.h., dass die erste Welle nicht gleichzusetzen war mit der zweiten oder dritten Welle, was Auswirkungen auf Behandlungs- und Beatmungsstrategie hatte. Alle diese Probleme mussten wir in Rekordzeit lösen und ich bin wirklich stolz darauf sagen zu können, dass wir das als Team der Gastroenterologischen Intensivstation geschafft haben.

Robin Krüger: Was hat dich in der Coronazeit und während deiner Arbeit besonders berührt?

Carina Schweitzer: Man wurde mit Schicksalen konfrontiert, die einem wirklich ans Herz gingen. Für mich das Schlimmste, war zu sehen wie Menschen Todesängste durchlitten haben und die einzige Person in dem Moment, die etwas Vertrauen geben konnte, war ich. Diese Bilder vor Augen zu haben – ich kann das ganz schwer in Worte fassen – wie abhängig mich diese Menschen angeschaut haben. Bitte hilf mir, ich kann nicht mehr, ich kriege keine Luft mehr. Und ja, diese Bilder sind nach wie vor noch in meinem Kopf und das berührt mich sehr. Ich hoffe, dass ich diesen Menschen in dem Moment ein Stück weit Vertrauen und Sicherheit geben konnte.

Robin Krüger: Frau Professor Merle, was haben Sie mit dem Thema LongCovid noch zu tun?

Uta Merle: Jetzt tatsächlich sehr viel. LongCovid ist ein interessantes und herausforderndes Syndrom. Wir haben jetzt eine LongCovid Spezialambulanz hier am Klinikum und arbeiten im Projekt mit der Abteilung für Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung zusammen. Auch LongCovid macht Patienten Angst. Denn es handelt sich hierbei um Menschen, die vorher gesund waren, einen milden Verlauf hatten. Sie haben sich dann aber nicht erholt oder im Verlauf der Infektion Symptome entwickelt. Wir bekommen viele Anfragen von Patienten, die zu uns in die Ambulanz wollen. Allerdings wissen wir noch sehr wenig über LongCovid und haben noch keine Behandlungsansätze an der Hand. Deshalb ist das Projekt, das durch das Land Baden-Württemberg gefördert wird, genau das richtige, damit das Wissen zu LongCovid schnell wächst. Und das möglichst vernetzt - zusammen mit Hausärzten und der Spezialambulanz. Denn was man eigentlich braucht, ist, dass das Wissen so schnell wie möglich in allen Bereichen wächst, also auch bei den Hausärzten. Man kann und will nicht alle Betroffenen in der Uniklinik behandeln. Dies macht keinen Sinn, sodass wir jetzt daran arbeiten ein agil funktionierendes Netzwerk mit den Hausärzten aufbauen. Nächste Woche haben wir unsere erste Fortbildung mit den Hausärzten, um das entstehende Wissen so schnell wie möglich zu transportieren, im Verbund sich auszutauschen und zu lernen und das Ganze wissenschaftlich zu begleiten. Die Netzwerkkomponente spielt dabei eine wichtige Rolle zur Verbesserung der Abläufe beispielsweise in der Diagnostik, um unter anderem doppelte Untersuchungen zu vermeiden. Wir wollen die Verbundaktivitäten zu LongCovid im nächsten Schritt standortübergreifend in Baden-Württemberg ausbauen und planen einen BMBF-Antrag. Das ist also unser neues Thema, das zu wissenschaftlichem Arbeiten im Netzwerk und zu neuen Kooperationen – in dem Fall mit der Allgemeinmedizin – geführt hat. Und es ist mein ganz neues persönliches Steckenpferd.

Robin Krüger: 2020 in kurzen Stichworten. Möchten Sie zum Abschluss nochmal etwas nennen, das Ihnen besonders am Herzen liegt?

Uta Merle: Ja, ich finde man kann sich nicht genug bewusst machen wie unglaublich die Teamarbeit und -leistung, während der Pandemie war. In einer Situation in der man noch nicht mal wusste wie die Ansteckung durch Corona genau abläuft, und ob man sich den Virus holt, wenn man irgendwo hin gefasst hat. All das wussten wir am Anfang kaum. Daher sollten wir nicht vergessen, was die Kolleginnen und Kollegen alles geschafft haben, die da wirklich im kalten Wasser geschwommen sind.

Die Zusammenarbeit und Interaktion zwischen den Berufsgruppen, Abteilungen und Kliniken ist während der Pandemie nochmals intensiver geworden.

Durch die ständige Veränderung der Pandemielage war das Schwierigste die Planung von Personaleinsatz und Betten.

„In der anhaltenden Krise zeigte sich die Stärke des Campus, seiner vielen Verbindungen in Netzwerken und Kooperationen lokal aber auch überregional. Die Pandemie wäre nicht zu bewältigen gewesen, ohne das anhaltende Engagement der Pflegekräfte, der Ärztinnen und Ärzte sowie aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“

Edgar Reisch

Pflegedirektor Universitätsklinikum Heidelberg

Mit Blick auf eine außergewöhnliche Zeit: Interview mit Edgar Reisch, Pflegedirektor

Wie geht es den Mitarbeitenden der Pflege nach anderthalb Jahren Pandemie?

Die letzten Monate waren für alle beruflich wie auch privat eine Ausnahmesituation. Die Pandemie brachte insbesondere für die Pflegenden viel zusätzliche Arbeit und emotionale Belastungen über einen sehr langen Zeitraum mit sich. Durch die eingeschränkten und notwendigen Besuchsregelungen waren unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in vielen Fällen der wichtigste Kontakt für schwerkranke Menschen. Das geht an niemandem spurlos vorüber. Gleichzeitig fehlte den Pflegenden, wie uns allen, der Ausgleich durch Freizeitaktivitäten oder soziale Kontakte. Über den Sommer hatten wir aktuell keine oder kaum Intensivpatienten durch Corona, sodass unsere Mitarbeitenden endlich aufatmen konnten. Trotz allem sind wir weiter vorbereitet und beobachten die Lage, in der Hoffnung, dass uns eine vierte Welle erspart bleibt.

Wie haben Sie persönlich diese Zeit erlebt?

Am Anfang saß ich als Mitglied der Taskforce zur Bekämpfung der Pandemie fast täglich in Treffen mit dem Krisenstab. Es gab hinsichtlich der lokalen und regionalen Versorgung, viel zu besprechen und zu entscheiden. Das fing an bei der Beschaffung von Masken bis hin zum Schutz der Patientinnen und Patienten und Mitarbeitenden. Ich bin froh, dass trotz der Unsicherheiten und Herausforderungen, die diese Pandemie mit sich gebracht hat, die Versorgung der COVID-Betroffenen immer sichergestellt war. Dazu hat auch die Koordinierungsstelle beigetragen, die Erkrankte in Heidelberg und der ganzen Region verteilt hat. Aber auch darüber hinaus konnten wir zu jeder Zeit die Versorgung aller anderen Krankheiten und Notfälle am Klinikum gewährleisten. Und nicht zu Letzt ging es immer sehr solidarisch zu: Mitarbeitende haben ihre Arbeitszeit erhöht, Pflegekräfte aus anderen Bereichen, haben auf den Stationen unterstützt. Dieser Zusammenhalt hat mich sehr berührt und stolz gemacht.

Das Corona-Taxi war unsere Antwort auf die Pandemie

Krisen machen erfinderisch. Dies beweist nicht zu Letzt ein interprofessionelles Projekt, das auf Initiative der Pflege gemeinsam mit Ärztinnen und Ärzten und dem Gesundheitsamt ins Leben gerufen wurde.

„Einer unserer ersten Patienten, der zuvor nur ganz mild erkrankt war, zeigte am siebten Tag plötzlich eine Verschlechterung und entwickelte Sauerstoffbedarf. Am Tag vorher war er noch fit“, erinnert sich Prof. Dr. Uta Merle, komm. Ärztliche Direktorin der Klinik für Gastroenterologie, Infektionen, Vergiftungen am UKHD. „Wir waren richtig erschrocken über diesen damals noch unerwarteten Verlauf. Gleichzeitig hatten wir Sorge, dass eine solch akute Verschlechterung auch ambulante Patienten in der häuslichen Quarantäne treffen könnte.“

Um dies zu verhindern, entstand die Idee des Corona-Taxis: Das Projekt, das auch internationale Aufmerksamkeit erhielt, hatte sich zum Ziel gesetzt Patientinnen und Patienten in der häuslichen Quarantäne telefonisch und mit Hausbesuchen engmaschig zu betreuen. Auf diese Weise war es möglich frühzeitig zu erkennen, wenn ein stationärer Aufenthalt erforderlich wird.

Das erste Corona-Taxi fuhr am 14. März 2020. Karin Tarbet, Fachkrankenschwester der Medizinischen Klinik ist seit Ostern 2020 bei dem Projekt dabei und ist bis heute regelmäßig mit dem Corona-Taxi unterwegs. Auf „Quarantäne-Tour“ geht sie immer gemeinsam mit einem Mitarbeitenden des Gesundheitsamts. „Vor Ort führen wir je nach Symptomatik Blutdruckmessung, Pulsoxymetrie und eine Blutabnahme durch. Die Labordiagnostik erfolgt zentral am UKHD“, erklärt Tarbet.

Wird ein Hausbesuch zu einem COVID-19-Erkrankten in Quarantäne erforderlich, startet das Corona-Taxi.

In der Anfangszeit wurde das Projekt von Pflegenden und Medizinstudenten in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt und der Koordinierungsstelle des Rhein-Neckar-Kreises getragen.

Das beispielhafte Projekt des Corona-Taxis wurde in kürzester Zeit organisiert und stieß weltweit auf Aufmerksamkeit.

In der Anfangszeit wurde das Projekt von Pflegenden und Medizinstudierenden in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt und der Koordinierungsstelle des Rhein-Neckar-Kreises getragen. Alle Positiv-Getesteten in Heidelberg und dem Rhein-Neckar-Kreis wurden durch das Gesundheitsamt registriert und dem „Corona-Callcenter“ am UKHD tagesaktuell mitgeteilt. Studierende und PJler kontaktierten die Betroffenen und befragten sie nach ihren Symptomen und dem Gesundheitszustand. „Eine Herausforderung in dem Projekt war die Planbarkeit. Insbesondere 2020 war es aufgrund der schwankenden Inzidenzzahlen schwer vorherzusagen, wie viele Menschen wir pro Woche betreuen und besuchen werden. Entsprechend mussten wir immer wieder sehr flexibel agieren“, sagt Alexandra Noll, Koordinatorin der „Corona-Taxi“-Einsätze und Bereichsleitung Pflege in der Medizinischen Klinik. „In diesen turbulenten Zeiten haben uns viele Kolleginnen der Stationsleitungen mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern tatkräftig unterstützt.“

Ab September 2020 wurde das Callcenter durch eine App abgelöst, in die die Patientinnen und Patienten ihre Befunde eintragen konnten, die wiederum durch das medizinische Personal überwacht wurden. Zeigten die Corona-Infizierten stärkere Symptome oder klagten über Atemnot und Probleme mit der Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme, besprachen die Pflegekräfte dies mit der medizinischen Leitung Prof. Dr. Uta Merle und veranlassten bei Bedarf eine stationäre Aufnahme.

In vielen Fällen reichten der telefonische Kontakt und die Überwachung über die App, um die Lage zu bewerten. Bei etwa drei Prozent der Erkrankten zeigte sich allerdings bereits beim Anruf, dass die Betroffenen stationär aufgenommen werden mussten. Neben der Betreuung der Gesundheitsdaten berichten viele Patientinnen und Patienten, dass der Kontakt zu den Pflegenden Ihnen sehr geholfen habe mit Ängsten und Unsicherheiten während der Quarantäne besser umzugehen. Inzwischen ist auch die Psychosomatik fester Bestandteil des Projekts, sodass Menschen, die mit der Situation psychisch sehr belastet sind, schnell und professionell geholfen werden kann.

Das Corona-Taxi ist ein Glücksfall für die Region. Die aktive Beobachtung der COVID-19-Patienten konnte in vielen Fällen einen schwereren Verlauf verhindern. „In den Spitzenzeiten waren wir mit acht Taxis unterwegs. Jetzt sind wir nur noch mit einem Taxi im Einsatz und besuchen circa zwei Patienten pro Tag. Es geht wieder bergauf“, freut sich Tarbet.

Labor (Foto)

Bundesweite Forschung mit Weitblick: Forschungsnetzwerk der Universitätsmedizin (NUM) 

Die Herausforderungen durch das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 haben uns den Wert von Versorgung und Forschung deutlich vor Augen geführt. Im April 2020, in der ersten Welle der Coronavirus-Pandemie, hat Anja Karliczek, Bundesministerin für Bildung und Forschung, daher das Forschungsnetzwerk der Universitätsmedizin (NUM) initiiert.

Nach intensiven Vorbereitungen hat das NUM 13 Verbundprojekte auf den Weg gebracht, die zum besseren Verständnis von COVID-19 beitragen, eine möglichst optimale Versorgung der COVID-19-Erkrankten sicherstellen und Deutschland auch auf andere Pandemien vorbereiten sollen.

Das UKHD ist Teil des NUM und an acht der 13 Projekte beteiligt.

In diesem einzigartigen Verbund werden die Kompetenzen aus einem großen Spektrum von Fachrichtungen gebündelt, um mit dem geballten Wissen diese und zukünftige Pandemien zu bewältigen. Das Netzwerk der Universitätsmedizin wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung von April 2020 bis Ende 2021 mit 150 Millionen Euro gefördert. Eine Verlängerung bis Ende 2024 mit einem jährlichen Fördervolumen von 80 Millionen Euro wurde inzwischen zugesagt.

Versorgungsforschung in Echtzeit (AKTIN-EZV)

Wie viele Patienten suchen mit welchen Beschwerden täglich die Notaufnahmen auf? Wie dringend ist die Behandlung? Wie spiegelt sich darin die Gesundheitslage in ganz Deutschland wieder? Mit dem AKTIN-Notaufnahmeregister können diese Informationen in teilnehmenden Kliniken dezentral erfasst und ausgewertet werden. AKTIN steht für „Aktionsbündnis für Informations- und Kommunikationstechnologie in Intensiv- und Notfallmedizin“ und macht es erstmals möglich, das notfallmedizinische Geschehen in den Kliniken während der Pandemie, in zukünftigen Epidemien oder bei anderen gesundheitsrelevanten Ereignissen in Echtzeit beobachten zu können.

Das Robert Koch-Institut bekommt seit März 2020 täglich diese Echtzeit-Daten zur Lage in deutschen Notaufnahmen während der COVID-19-Pandemie übermittelt. Die automatische Datenlieferung an das RKI und lokale Gesundheitsbehörden sowie die Nutzung der Daten soll im Zuge des Projekts weiterentwickelt werden.

Kontakt:
PD Dr. Lars Kihm,
Klinik für Endokrinologie, Diabetologie, Stoffwechsel und Klinische Chemie

Mehr erfahren:
AKTIN-EZV | Netzwerk Universitätsmedizin (netzwerk-universitaetsmedizin.de)

Test- und Überwachungsstrategien (B-FAST)

Unverzichtbar für die Eindämmung einer Pandemie sind effektive, aber auch verhältnismäßige Test- und Überwachungsstrategien (Surveillance) für verschiedene Bevölkerungsgruppen. Sie liefern Daten zu Auftreten und Ausbreitung von COVID-19-Infektionen, auf deren Grundlage Maßnahmen geplant, durchgeführt und bewertet werden können. Ohne sie lassen sich keine wissenschaftlich fundierten Empfehlungen für regionale und überregionale Entscheidungsträger aus dem öffentlichen Gesundheitswesen, der Gesellschaft und der Politik aussprechen.

Im Forschungsnetz B-FAST arbeiten Teams aus 26 Universitätsklinika zusammen. Übergeordnetes Ziel ist es, eine nachhaltig einsetzbare und auf zukünftige Pandemien übertragbare Surveillance- und Teststrategie zu entwickeln. Auf der B-FAST Plattform werden die notwendigen Test- und Surveillance-Systeme zu einem Gesamtsystem vernetzt und die relevanten Informationen und Empfehlungen allen Universitätsklinika, dem Robert Koch Institut (RKI) und weiteren Beteiligten über das Netzwerk zur Verfügung gestellt.

Kontakt:
Dr. Claudia Denkinger,
Zentrum für Infektiologie, Sektion Klinische Tropenmedizin

Mehr erfahren:
B-FAST | Netzwerk Universitätsmedizin (netzwerk-universitaetsmedizin.de)

Gesammelte Forschungsdaten (CODEX)

Seit Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020 fallen in der Versorgung von Patientinnen und Patienten mit COVID-19 in den IT-Systemen und elektronischen Krankenakten der Universitätskliniken große Mengen forschungsrelevanter Daten, Materialien und Erkenntnisse an, die möglichst standardisiert erhoben, zeitnah erfasst, zentral zusammengeführt und ausgewertet werden müssen. Teams verschiedener Standorte bauen eine gemeinsame Forschungsdatenplattform CODEX auf, um diese gesammelten Daten rund um COVID-19 für die Forschung bereitzustellen. Die Daten werden nach einheitlichen Vorgaben erfasst und bieten so eine breite und wissenschaftlich hochwertige Basis für vielfältige Auswertungen und komplexe Forschungsfragen.

Kontakt:
Prof. Dr. Christoph Dieterich, Klaus Tschira Institute für Computational Cardiology,
Klinik für Kardiologie, Angiologie, Pneumologie;
Dr. Oliver Heinze,
Institut für Medizinische Informatik

Mehr erfahren:
CODEX | Netzwerk Universitätsmedizin (netzwerk-universitaetsmedizin.de)

Deutsches Forschungsnetzwerk Autopsien bei Pandemien (DEFEAT PANDEMics)

Autopsien leisten einen wichtigen Beitrag zum Verständnis von COVID-19, denn sie lieferten bereits zu einem frühen Zeitpunkt der Pandemie wichtige Erkenntnisse zum schweren Verlauf der Infektionserkrankung und ihren Auswirkungen auf den Organismus. Die rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen sowie die pathologisch-virologische Diagnostik bei Autopsien im Pandemiefall deutschlandweit zu vereinheitlichen, ist das Ziel des Netzwerks DEFEAT PANDEMIcs. Mit Aufbau der Plattform werden Daten, Bioproben und Erkenntnisse in einheitlicher Form erfasst und zusammengeführt. So sind sie für die Bewältigung der laufenden COVID-19 Pandemie und zugleich als Vorbereitung auf mögliche künftige Pandemien abruf- und auswertbar. Diesem bislang einzigartigen Netzwerk haben sich die meisten pathologischen, neuropathologischen und rechtsmedizinischen Institute der deutschen Universitätsklinika sowie weitere nicht-universitäre Partner angeschlossen.

Kontakt:
Prof. Dr. Peter Schirmacher,
Pathologisches Institut

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DEFEAT PANDEMIcs | Netzwerk Universitätsmedizin (netzwerk-universitaetsmedizin.de)

Dokumentation von COVID-Krankheitsverläufen (NAPKON)

Das „Nationale Pandemie Kohorten Netz (NAPKON)“ ist eine Plattform zur ausführlichen Dokumentation von klinischen Daten aus Prävention, Diagnostik und Therapie, von Bioproben und Bildgebung sowie Informationen über Risikofaktoren und mögliche Biomarker für COVID-Krankheitsverläufe. NAPKON schafft damit die grundlegende Infrastruktur für ein besseres Verständnis, die Abwehr und Bekämpfung von Pandemien am Beispiel von COVID-19.

Durch zentrale Koordination und Zugangsmöglichkeiten können wissenschaftliche und versorgungsrelevante Projekte umfassend und schnell umgesetzt werden. Mit den umfangreichen, qualitätsgesicherten Daten können Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Fragen zu Risikofaktoren der Pandemie, Krankheitsverläufen und Spätfolgen untersuchen und zu repräsentativen Ergebnissen kommen. Daraus lassen sich kurzfristig Therapieempfehlungen entwickeln oder Maßnahmen der Pandemiebekämpfung bewerten und präzisieren.

Kontakt:
Prof. apl. Dr. med. Uta Merle,
Klinik für Gastroenterologie, Infektionen, Vergiftungen;
Prof. Dr. Felix Herth,
Thoraxklinik

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NAPKON | Netzwerk Universitätsmedizin (netzwerk-universitaetsmedizin.de)

Forschungsdaten zum Organbefall (Organo-Strat)

COVID-19 kann insbesondere bei schweren Verläufen neben Lunge und Atemwegen auch weitere Organe direkt und indirekt betreffen. Die Schwere dieser Organbeteiligungen hat einen direkten Einfluss auf die individuelle Prognose und Therapie. Das „Nationale Kompetenznetz Organo-Strat“ wird einen wesentlichen Beitrag zum Verständnis von COVID-19 und den mit der Erkrankung verbundenen Organbeteiligungen beisteuern. Das Netzwerk von Universitätsklinika und Hochsicherheitslaboren soll dazu Standards für Organmodelle und das Datenmanagement zur Erforschung von COVID-19 und anderer Erkrankungen entwickeln und umsetzen. Insbesondere die Organmodelle sollen aussagekräftigere Studien zum Organbefall als bisher erlauben.

Die etablierte Struktur dient gleichzeitig als Vorbereitung auf zukünftige Pandemien, da sofort bei Auftreten eines neuen Erregers Informationen zu dessen Auswirkungen auf die verschiedenen Organe erbracht werden können.

Kontakt:
Dr. Steeve Boulant,
Zentrum für Infektiologie

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Organo-Strat | Netzwerk Universitätsmedizin (netzwerk-universitaetsmedizin.de)

Radiologische Verlaufskontrolle (RACOON)

Radiologische Daten, z. B. aus computertomographischen Untersuchungen, spielen eine Schlüsselrolle bei der Diagnostik und Verlaufskontrolle einer COVID-19-Erkrankung mit Lungenbeteiligung. Die radiologische Bildgebung ist daher ein wichtiges Instrument der Therapieüberwachung sowie ein Entscheidungswerkzeug und Messinstrument pandemischer Lungenerkrankungen.

Eine Hürde für die systematische Erfassung und Auswertung radiologischer Daten war bisher die Eingabe der Befunde im maschinell schwer verwertbaren Freitext. Abhilfe schafft eine strukturierte und einheitliche Erfassung, Archivierung und Verarbeitung von medizinischen Daten.

RACOON wird als erstes Netzwerk dieser Größenordnung eine landesweite Infrastruktur zur strukturierten Erfassung radiologischer Daten von COVID-19-Patienten aufbauen. Zukünftig bietet die einheitliche Datenerhebung unter anderem die Möglichkeit, epidemiologische Frühwarnsysteme oder medizinische Assistenzsysteme auf Basis künstlicher Intelligenz anzuschließen, sowie eine qualitätsgesicherte Grundlage für wissenschaftliche Studien.

Kontakt:
Prof. Dr. Hans-Ulrich Kauczor,
Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie

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RACOON | Netzwerk Universitätsmedizin (netzwerk-universitaetsmedizin.de)

Analyse der individuellen und kollektiven Immunität (COVIM)

Die Ausbildung von schützender Immunität kann Infektionen verhindern und die COVID-19- Pandemie entscheidend beeinflussen. Daher ist es besonders wichtig, Immunitätsmerkmale auf individueller wie auch auf Bevölkerungsebene zu identifizieren und zu beurteilen: Wer ist wodurch und wie lange vor einer SARS-CoV-2 Infektion immunologisch geschützt? Wie kann immunologischer Schutz von wenigen immunen Personen auf viele nicht-immune Personen übertragen werden?

An vielen Standorten in Deutschland laufen hierzu bereits Untersuchungen. Wesentliches Ziel ist daher, die Vernetzung und Harmonisierung dieser Forschungsansätze, sowie die Etablierung von zentralen Plattformen. Das Projekt bündelt die Expertisen und Daten vieler Forschenden aus unterschiedlichen Disziplinen, wie Immunologie, Virologie, klinische Infektiologie, Pneumologie, Nephrologie und Mikrobiologie aus ganz Deutschland. Im Verbundprojekt COVIM werden Parameter definiert, die es ermöglichen, in standardisierter Weise Immunität gegen COVID-19 zu bestimmen. Darüber hinaus werden Therapien und Medikamente entwickelt, die darauf abzielen immunologische Schutzmechanismen auf Erkrankte oder auf Personen mit hohem Erkrankungsrisiko zu übertragen. Am UKHD wird im Rahmen von COVIM die Immunantwort von immunsupprimierten Patientinnen und Patienten nach Organtransplantation sowie von Dialysepatientinnen und -patienten auf die COVID-19-Impfung untersucht.

Kontakt:
Prof. Dr. Martin Zeier und Dr. Claudius Speer
Nierenzentrum 

Mehr erfahren:
covim-netzwerk.de