Von Mücken und Menschen

Malaria breitet sich wieder aus – auch in Richtung Europa. Im Interview erklären Professor Dr. Till Bärnighausen, Direktor des Heidelberger Instituts für Global Health, und Professor Dr. Friedrich Frischknecht, Arbeitsgruppenleiter am Zentrum für Infektiologie, wie sich die Überträgerin Anopheles aufhalten lässt, wie sich der Erreger vermehrt und wie man Mücken als Impfhelfer einsetzen kann.

Herr Professor Bärnighausen, Sie erforschen die Gesundheit im globalen Maßstab. Heute sprechen wir über Malaria. Wo tritt sie auf und welche Bevölkerungsgruppen sind besonders von Malaria bedroht?

Till Bärnighausen: Die Malaria ist eine eher ländliche Erkrankung, und sie betrifft vor allem ärmere Menschen in Afrika. In fensterlosen Hütten infiziert man sich viel leichter als in klimatisierten Gebäuden mit Fenstern, die man schließen kann. Wenn es kühl ist, wird die Anophelesmücke schläfrig und sticht nicht. Und: Die Durchschnittsdistanzen zu Kliniken sind im ländlichen Afrika lang – deutlich länger als in der Stadt. Die Leute haben keine Autos, sondern nutzen Minibusse oder gehen zu Fuß. Außerdem sind arme Menschen oftmals weniger gebildet.

Welche Rolle spielt Bildung bei der Prävention?

Till Bärnighausen: Je höher die Bildung, desto besser das Präventionsverhalten. Ein gebildeter Mensch erschließt sich eher neues Wissen oder hat gesundheitsrelevante Kenntnisse aus der Schule. Und er traut sich eher, beim Arzt oder Apotheker nachzufragen.

Professor Dr. Till Bärnighausen

Direktor des Heidelberger Instituts für Global Health

So läuft die Infektion ab

1. Die Mücke sondert infiziertes Betäubungssekret ab. Ihr Stich befördert den Parasiten in den Körper.

2. Er fließt mit dem Blut zur Leber, dringt in die Zellen ein und vermehrt sich.

3. Die Parasiten befallen die roten Blutkörperchen und kehren zur Vermehrung in die Leber zurück.

4. Sticht eine Mücke den Infizierten, kann sie den Parasiten an ihr nächstes Opfer weitergeben.

Eine Mitarbeiterin des Heidelberger Kooperationspartners in Burkina Faso interviewt die Mutter eines Kleinkindes.
© Isabel Mank/Universitätsklinikum Heidelberg

40 %
Prozent der Weltbevölkerung leben in Malariagebieten.

Ist die Malaria vor allem ein afrikanisches Problem?

Till Bärnighausen: Die Malaria tritt gehäuft in den Ländern südlich der Sahelzone auf, aber auch in Südamerika und Asien. Unser Institut arbeitet in mehr als 50 Ländern – zum Beispiel in Malaysia, China, Indien, Sri Lanka. Vor allem China interessiert uns – das Land ist seit 2017 malariafrei. Eine unserer Arbeitsgruppen wertet derzeit aus, wie es das geschafft hat.

Gibt es Erkenntnisse aus anderen Forschungsbereichen, die sich auf die Malaria übertragen lassen?

Till Bärnighausen: Es gibt interessante Analogien zur HIV-Forschung, etwa den Ansatz der multiplen Prävention. Man hat herausgefunden, dass man mit der Beschneidung von Männern die Ansteckungsrate um etwa 60 Prozent reduziert, was sie aber trotzdem nicht aus der Pflicht entlässt, Kondome zu benutzen. Und so ähnlich ist es auch bei der Malaria: Die Impfung ist sehr gut, aber sie wirkt nur zu 40 Prozent und ersetzt keine Insektensprays, keine Larvizide, keine Bettnetze und keine Arztbesuche bei Fieber. Im Bereich Wissenschaftskommunikation forschen wir dazu, wie man den Leuten überzeugend vermittelt, dass sie sich unbedingt impfen lassen, aber trotzdem alles wie vorher machen sollen. Wir haben gute Erfahrungen mit Education-Entertainment-Videos gemacht – kurzen Trickfilmen ohne Worte, die man in allen Sprachgemeinschaften in Afrika problemlos einsetzen kann. Diese Videos gibt es zum einen auf YouTube, zum anderen bringen Community-Health-Workers sie in die Gemeinden.