Von Mücken und Menschen

Malaria breitet sich wieder aus – auch in Richtung Europa. Im Interview erklären Professor Dr. Till Bärnighausen, Direktor des Heidelberger Instituts für Global Health, und Professor Dr. Friedrich Frischknecht, Arbeitsgruppenleiter am Zentrum für Infektiologie, wie sich die Überträgerin Anopheles aufhalten lässt, wie sich der Erreger vermehrt und wie man Mücken als Impfhelfer einsetzen kann.

Herr Professor Bärnighausen, Sie erforschen die Gesundheit im globalen Maßstab. Heute sprechen wir über Malaria. Wo tritt sie auf und welche Bevölkerungsgruppen sind besonders von Malaria bedroht?

Till Bärnighausen: Die Malaria ist eine eher ländliche Erkrankung, und sie betrifft vor allem ärmere Menschen in Afrika. In fensterlosen Hütten infiziert man sich viel leichter als in klimatisierten Gebäuden mit Fenstern, die man schließen kann. Wenn es kühl ist, wird die Anophelesmücke schläfrig und sticht nicht. Und: Die Durchschnittsdistanzen zu Kliniken sind im ländlichen Afrika lang – deutlich länger als in der Stadt. Die Leute haben keine Autos, sondern nutzen Minibusse oder gehen zu Fuß. Außerdem sind arme Menschen oftmals weniger gebildet.

Welche Rolle spielt Bildung bei der Prävention?

Till Bärnighausen: Je höher die Bildung, desto besser das Präventionsverhalten. Ein gebildeter Mensch erschließt sich eher neues Wissen oder hat gesundheitsrelevante Kenntnisse aus der Schule. Und er traut sich eher, beim Arzt oder Apotheker nachzufragen.

Professor Dr. Till Bärnighausen

Direktor des Heidelberger Instituts für Global Health

So läuft die Infektion ab

1. Die Mücke sondert infiziertes Betäubungssekret ab. Ihr Stich befördert den Parasiten in den Körper.

2. Er fließt mit dem Blut zur Leber, dringt in die Zellen ein und vermehrt sich.

3. Die Parasiten befallen die roten Blutkörperchen und kehren zur Vermehrung in die Leber zurück.

4. Sticht eine Mücke den Infizierten, kann sie den Parasiten an ihr nächstes Opfer weitergeben.

Eine Mitarbeiterin des Heidelberger Kooperationspartners in Burkina Faso interviewt die Mutter eines Kleinkindes.
© Isabel Mank/Universitätsklinikum Heidelberg

40 %
Prozent der Weltbevölkerung leben in Malariagebieten.

Ist die Malaria vor allem ein afrikanisches Problem?

Till Bärnighausen: Die Malaria tritt gehäuft in den Ländern südlich der Sahelzone auf, aber auch in Südamerika und Asien. Unser Institut arbeitet in mehr als 50 Ländern – zum Beispiel in Malaysia, China, Indien, Sri Lanka. Vor allem China interessiert uns – das Land ist seit 2017 malariafrei. Eine unserer Arbeitsgruppen wertet derzeit aus, wie es das geschafft hat.

Gibt es Erkenntnisse aus anderen Forschungsbereichen, die sich auf die Malaria übertragen lassen?

Till Bärnighausen: Es gibt interessante Analogien zur HIV-Forschung, etwa den Ansatz der multiplen Prävention. Man hat herausgefunden, dass man mit der Beschneidung von Männern die Ansteckungsrate um etwa 60 Prozent reduziert, was sie aber trotzdem nicht aus der Pflicht entlässt, Kondome zu benutzen. Und so ähnlich ist es auch bei der Malaria: Die Impfung ist sehr gut, aber sie wirkt nur zu 40 Prozent und ersetzt keine Insektensprays, keine Larvizide, keine Bettnetze und keine Arztbesuche bei Fieber. Im Bereich Wissenschaftskommunikation forschen wir dazu, wie man den Leuten überzeugend vermittelt, dass sie sich unbedingt impfen lassen, aber trotzdem alles wie vorher machen sollen. Wir haben gute Erfahrungen mit Education-Entertainment-Videos gemacht – kurzen Trickfilmen ohne Worte, die man in allen Sprachgemeinschaften in Afrika problemlos einsetzen kann. Diese Videos gibt es zum einen auf YouTube, zum anderen bringen Community-Health-Workers sie in die Gemeinden.

In vielen Ländern weltweit ist das Malariarisiko enorm hoch. In Gebieten mit hohem und saisonalem Risiko wird eine Kombination aus Mückenschutz und Chemoprophylaxe empfohlen.

Herr Professor Frischknecht, Sie arbeiten im Zentrum für Infektiologie und sind Experte für den Vermehrungszyklus des Erregers. Wie kommt es überhaupt zu einer Erkrankung?

Friedrich Frischknecht: Die infizierte Mücke setzt sich auf die Haut und sticht in diese hinein, um eine Kapillare zu finden. Dabei sondert sie ein Betäubungssekret ab, das den Parasiten enthält. So gelangt der Parasit in den Körper und fließt mit dem Blut bis zur Leber, wo er in die Zellen eindringt. Dort vermehrt er sich. Dabei entstehen so ungefähr 10.000 Parasiten. Die ziehen von der Leber zurück ins Blut und befallen rote Blutkörperchen. In diesen vermehren sie sich, brechen aus ihnen hervor und infizieren neue Blutkörperchen. So geht das immer weiter. Symptome bekommen Infizierte erst, wenn sich der Parasit so fünf-, sechsmal vermehrt hat. Dann treten die ersten Fieberschübe auf. Infizierte Blutkörperchen verkleben auch die Gefäßwände, was dazu führen kann, dass das Gehirn anschwillt. Im schlimmsten Fall fallen die Erkrankten ins Koma.

Und woran forschen Sie mit ihren Kolleginnen und Kollegen?

Friedrich Frischknecht: Wir wollen wissen, wie genau sich der Malariaparasit in den Zellen dupliziert und verbreitet. Grob gesagt, konzentrieren wir uns auf vier Punkte: Zum einen wollen wir verstehen, wie sich der Parasit mit den Blutgefäßen des Wirts verklebt und welche Proteine daran beteiligt sind. Zum anderen wollen wir herausfinden, wieso das bei Menschen mit Sichelzellanämie nicht passiert. Wir interessieren uns auch dafür, wie sich der Erreger in der Mücke bewegt. Und natürlich arbeiten wir an neuen Ansätzen zur Medikamenten- und Impfstoffentwicklung.

Warum konnte man die Malaria bisher noch nicht ausrotten?

Friedrich Frischknecht: Der Parasit ist unglaublich komplex. Es gibt sechs Arten von Malariaparasiten, die den Menschen krank machen können, und mehr als 200 Arten, die Tiere befallen. Damit einher gehen viele unterschiedliche Malariaproteine. Man wird es nicht schaffen, gegen jedes dieser Proteine einen Impfstoff zu entwickeln.

Professor Dr. Friedrich Frischknecht

Professor Dr. Friedrich Frischknecht

Arbeitsgruppenleiter am Zentrum für Infektiologie

200 Millionen
Menschen erkranken jährlich.
600000
Menschen sterben jährlich an Malaria.
3 / 4
der Todesopfer sind Kinder unter fünf Jahren.
Quelle: www.rki.de

Apropos Impfstoff: Es gibt jetzt zwei Vakzine gegen Malaria, eines davon ist erst seit kurzem auf den Markt. Wie bewerten Sie diese?

Friedrich Frischknecht: Beide basieren auf einem Protein, das an der Oberfläche des Parasiten sitzt. Der erste Impfstoff ist eine Kombination aus einem Hepatitis-B-Protein und einem immunstimulierenden Malariaprotein. Der neuere Impfstoff ist eine günstigere Weiterentwicklung des ersten und hat eine höhere Konzentration des Malariaproteins. Früher dachte man, dass die Parasiten beim Mückenstich direkt ins Blut gelangen und die durch den Impfstoff gebildeten Antikörper den Eintritt des Parasiten in die Leber verhindern. Es hat sich jedoch gezeigt, dass die Mücke die Parasiten in die Haut spuckt und diese sich dann aktiv bewegen müssen, um in ein Blutgefäß einzudringen. Die Antikörper verhindern schon die Bewegung des Parasiten in der Haut, was verhindert, dass er die Leberzellen befällt.

Können die Malariaparasiten Resistenzen gegen Impfstoffe entwickeln?

Friedrich Frischknecht: Ja. Man hat herausgefunden, dass manche Erreger gegen Schnelltests resistent sind. Die Tests suchen nach einem bestimmten Protein, das im Blut schwimmt, wenn man Malaria hat oder hatte. Aber inzwischen gibt es Parasiten, die dieses Protein gar nicht mehr herstellen, weil sie das nicht unbedingt zum Überleben brauchen. Und die werden dann vom Schnelltest nicht detektiert. In Bezug auf Impfstoffe könnte das Gleiche passieren. Deshalb wollen wir eine Impfung mit einem genetisch modifizierten Parasiten entwickeln, der im Blut langsamer wächst und den Menschen deshalb nicht krank macht, jedoch die Immunantwort anregt. Das ist technisch etwas herausfordernd, aber wir hoffen, ihn in fünf Jahren zum ersten Mal an Menschen zu testen. Die Impfungen übernehmen dann übrigens die Mücken.

Wie denn das?

Friedrich Frischknecht: Wir infizieren die Mücken mit dem genveränderten Parasiten und geben ihnen eine Zeitlang kein Zuckerwasser, damit sie Hunger bekommen. Und dann lassen wir sie die Probandinnen und Probanden stechen.

Glauben Sie, dass Sie da Freiwillige finden? Könnte das nicht gefährlich sein?

Friedrich Frischknecht: Ja, es gibt immer viele Freiwillige, die erkennen, dass sie hier Gutes tun können. Da diese in einer klinischen Studie genau überwacht werden und man Malaria gut behandeln kann, ist es auch in der Tat nicht gefährlich.

Die Malariaparasiten (grün leuchtend) befinden sich Darm der Stechmücken.

„Die Anopheles-Mücke wird nach Europa zurückkehren.“

Professor Dr. Till Bärnighausen

Herr Professor Bärnighausen, könnte der Klimawandel dazu führen, dass die Malaria auch in Europa wieder endemisch wird?

Till Bärnighausen: Die Durchschnittstemperaturen steigen langsam, aber stetig an. In manchen Regionen nimmt der Regen zu, in anderen die Trockenheit. Die Anopheles-Mücke migriert. Die Muster der Regionen, in denen Malaria auftreten kann, verschieben sich: Manche werden durch die neue Trockenheit malariafrei, in andere könnte die Anopheles zurückkehren. Dazu gehört Südeuropa, langfristig auch Mittel- und Nordeuropa.

Besteht die Gefahr, dass Europa völlig unvorbereitet in die Malariakrise stolpert?

Till Bärnighausen: Das Bewusstsein für dieses Risiko ist da. Wir prüfen gerade in einem großen EU-Projekt, wie man Europa auf sich verschiebende Infektionskrankheiten vorbereiten kann. Ein Beispiel: Barcelona war eine der letzten europäischen Malariastädte, und es wird auch dort als Erstes wieder losgehen. Die Abwasserkanäle laufen bei Regen oft nicht richtig ab und werden zu Mückenbrutstätten. Ein Ingenieurteam hat 22 von 44 Kanälen gereinigt und Filter eingebaut. Das hat die Mückendichte um 80 Prozent reduziert – eine effektive Maßnahme also. Die Wirksamkeit konnten wir bestätigen, indem wir beispielsweise die Larvendichte in Wasserproben gemessen haben. Wir arbeiten weiterhin zusammen und machen eine Studie zur Mückenbekämpfung in Gartenanlagen.

Wie stellen Sie denn fest, bis wohin die Malaria schon gekommen ist?

Till Bärnighausen: Über Satelliten kann man die Larvendichte in stehenden Gewässern messen und über Crowdsourcing-Systeme feststellen, welche Krankenhäuser Malaria diagnostizieren können. Beim Crowdsourcing kann jeder mitmachen. Die Bevölkerung wird informiert, und bei Bedarf kann man Druck auf Regierungen ausüben, wenn in bestimmten Krankenhäusern keine Behandlung möglich ist.

Wird man es eines Tages schaffen, die Malaria auszurotten?

Till Bärnighausen: Ich bin Optimist und denke, wir können die Malaria radikal zurückdrängen. Seit 2015 hat die WHO bereits zwölf Länder als malariafrei zertifiziert. Die müssen natürlich aktiv bleiben, da die Malaria zurückkommen kann. Technisch ist die Ausrottung möglich, aber die politischen Voraussetzungen sind entscheidend.

Wie denken Sie darüber, Herr Professor Frischknecht?

Friedrich Frischknecht: Ich sehe das ähnlich wie Professor Bärnighausen. Der Optimist in mir denkt, dass wir die Malaria bis zum Jahr 2060 loswerden könnten, wenn doppelt so viel Geld in die Kontrolle gesteckt wird wie bisher. Denn wir haben sehr gut wirksame Medikamente und hervorragende Insektizide. Manche Länder des globalen Südens machen große Fortschritte in ihrer Ökonomie. Es gibt eigentlich keinen Grund, dass irgendjemand an Malaria stirbt.

Und der Pessimist in Ihnen?

Friedrich Frischknecht: Es steht leider auf einem anderen Blatt, was vor Ort passiert. Wenn man schaut, wo Malaria auftritt – in der Zentralafrikanischen Republik, Kongo, Nigeria, Tansania – dann sind das zum Großteil arme Länder und Länder mit Bürgerkriegen. Wenn sich die Leute weiter bekämpfen, wird die Malaria bestehen bleiben. Deshalb würde ich mich wahnsinnig freuen, aber schwer wundern, wenn in meiner Lebenszeit eine Ausrottung gelänge.

Schnakenbekämpfung in Burkina Faso

Schnakenbekämpfung in Burkina Faso

„Es gibt eigentlich keinen Grund, dass irgendjemand an Malaria stirbt.“

Professor Dr. Friedrich Frischknecht

„Campus-Report“: Kleines Insekt, große Auswirkung

Dr. Marina Treskova und Dr. Peter Dambach sprechen über ihre Projekte in Europa und Afrika, die Möglichkeiten der Eindämmung, Vorsorgemaßnahmen sowie die wichtige Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern.

Podcast, 08/2023

Transkript

Kleines Insekt, große Auswirkung

Roman Jaburek: Herzlich Willkommen zum Campus Report vom Uniklinikum Heidelberg. Mein Name ist Roman Jaburek und in der heutigen Folge dreht sich alles, passend zum Sommer, um das Thema Übertragung von tropischen Krankheiten durch Mücken. Und dafür gibt es das Expertenteam vom Heidelberger Institut für Global Health: Dr. Marina Treskova und Dr. Peter Dambach. Schön, dass Sie da sind, hallo.

Peter Dambach: Ja, schönen guten Tag. Hallo Herr Jaburek, hallo Marina. Freut mich ebenfalls und danke für die Einladung.

Marina Treskova: Ja, hallo Herr Jaburek und Peter. Ich freu mich auch.

Roman Jaburek: Ihre Arbeit im Institut ist ja total spannend, weil es geht ja ums Thema globale Gesundheitsforschung, jetzt explizit um tropische Krankheiten, die durch Mücken übertragen werden können. Und ich meine auch bei uns in Deutschland ist es jetzt heiß und die Mücken fühlen sich dann besonders wohl und ihre Stiche jucken nicht nur ganz doll, manche können ja sogar diese Krankheiten übertragen. Welche sind das genau und vor allem wie gefährlich sind die?

Peter Dambach: Also da gibt es natürlich eine Menge Krankheiten weltweit. In Deutschland haben wir nicht ganz so große Probleme damit. Also wir hatten ja früher hier mal Krankheiten wie Malaria, in der Rheinebene zum Beispiel, sind das immer wieder losgeworden. Aber in Ländern wie Afrika, Asien, Südamerika gibt es natürlich eine ganze Menge an Überträgern, von Viren, von Einzellern, von allen möglichen anderen Krankheitserregern. Und was vielleicht so am bekanntesten ist, ist sicher Malaria. Der eine oder andere kennt vielleicht noch Dengue. Beide sind in Asien und Südamerika weit verbreitet. Und die beiden Beispiele werden eben durch Mücken übertragen, also Malaria durch Anopheles-Mücken. Bei Dengue sind das zum Beispiel Mücken von der Gattung Aedes. Aber es gibt natürlich eine ganze Reihe anderer Krankheiten, die dann durch Zecken oder durch Wanzen und durchs Land fliegen und so weiter übertragen werden – also da gibt es eine ganze, ganze Liste an Krankheiten und eben auch an speziell angepassten Vektoren, also am Überträgertieren.

Roman Jaburek: : Kann man denn in diesen Ländern, die sie genannt haben, da irgendwie vorbeugen, um diese Mückenplage auch zu verhindern? Also ich denke gerade so an die Brutstätten, ja, die ja dann auch überall auftauchen.

Peter Dambach: Also das ist natürlich eine schwierige Situation in solchen Ländern und man muss dann einen ganzheitlichen Ansatz fahren. Also zum einen, was sie gerade nennen: die Brutstätten für die Mücken, also dass es gar nicht so weit kommt, dass sich Mücken entwickeln. Da gibt es verschiedene Ansätze. Also ich kann die Brutstätten entweder komplett stilllegen, zuschütten. Ich kann die so umbauen, dass sie nicht mehr ideal sind, dass die Mücken drin brüten können. Ich kann aber auch mit chemischen oder biologischen Mitteln vorgehen. Früher wurde dort DDC (Dichlordiphenyltrichlorethan) reingekippt in den 50er- und 60er-Jahren. Heutzutage gibt es da elegantere Methoden. Eine davon ist zum Beispiel so ein biologisches Toxin, das heißt Bacillus thuringiensis israelensis. Und die haben halt den Vorteil, dass sie wirklich ganz gezielt nur Mückenlarven töten und aber die allermeisten anderen Wasserorganismen komplett unberührt lassen, weil die eben keine Rezeptoren für dieses Toxin haben.

Roman Jaburek: Frau Dr. Treskova, Sie haben auch ein Projekt begleitet oder machen es noch, in Barcelona glaube ich, also bei uns auch in Europa. Und da geht es vor allem darum, diese Wasserquellen ja auszutrocknen, wo sich Mücken besonders wohlfühlen?

Marina Treskova: Ja, danke, das ist sehr richtig. Also die Mücken, der Gattung Aedes zum Beispiel, wie Peter gesagt hat, sind sehr gut angepasst, mit uns zusammenzuleben. Und für sie ist es sehr wichtig, ein stehendes Wasser für die Brutstelle zu haben. Und wir haben auch untersucht, wie zum Beispiel staatliche Infrastrukturänderungen wirksame Anpassungen sein können zur Verbreitung von mückenübertragenen Krankheiten. Und zwar in Barcelona, Spanien, haben wir zusammen mit der Public Health Agency von Barcelona mückensichere Regenwasserkanäle eingeführt, die stehende Gewässer reduzieren, die als Brutstätten für Mücken dienen können.

Roman Jaburek: Jetzt, es ist ja so, dass wir uns auch zum Teil gegen Mückenstiche gut schützen können. Ich kann mich noch erinnern: zu der Zeit mit meiner Frau – vor den Kids – waren wir gerne in Thailand und so unterwegs, backpacking-mäßig. Und da durften dieses typische Moskitonetz, aber auch die Malariatabletten vorsorglich nicht fehlen. Wie kann man denn präventiv vorgehen, wenn man jetzt wirklich vielleicht auch sagt: Ja, ich hab‘ Lust, irgendwo im Urlaub in so eine Region zu fliegen, was würden Sie den Hörerinnen und Hörern vom Podcast empfehlen?

Peter Dambach: Ja, also ich würde da immer Sachen empfehlen, die bei den meisten vielleicht gar nicht so gut ankommen, die aber am einfachsten sind. Also eine Sache ist natürlich: Repellents verwenden, das sind Moskitosprays, ohne jetzt irgendwelche Marken zu nennen hier, kennt sicher jeder. Also das ist eine gute Idee, da abends einsprühen. Dann kommt es so ein ganz klein bisschen auch drauf an. Also, wie gesagt, wir haben ja gesagt, es gibt verschiedene Mückenarten und -gattungen. Und die haben aber alle ein unterschiedliches Profil, wann die aktiv sind. Also da muss man ein bisschen drauf achten. Diese Malariamücken, die sind abends aktiv. Da reicht es also, wenn man sich abends einsprüht. Diese Denguemücken, die sind aber schon nachmittags aktiv. Und je nachdem, wo man ist, gerade in Asien, ist das eben ein Risiko und dann müsste man sich dann halt schon vorher schützen. Eine andere ganz gute Sache ist auf jeden Fall lange Hosen anzuziehen, hohe Schuhe, weil die Mücken oft auch unten bei den Beinen eher stechen als oben. Wer gerne möchte, kann auch ein Bettnetz mitnehmen, ein Moskitonetz. Da gibt es imprägnierte Versionen, die auch die Mücken abtöten, sobald sie sich draufsetzen. Und dann natürlich, was Sie erwähnt haben: Also natürlich Malariaprophylaxe kann durchaus Sinn machen, ja, als Tabletten. Da gibt es ganz verschiedene und da sollte man aber auf jeden Fall den Reisemediziner vorher fragen. Weil da gibt es bestimmte Implikationen, also manche darf man nicht verwenden, bei schwangeren Frauen zum Beispiel. Also da am besten dann den Mediziner fragen.

Roman Jaburek: Wie sieht es mit Impfungen aus? Also es gibt ja hier auch das Tropeninstitut in Heidelberg, dass man da einfach mal reingeht mit dem Impfpass und sagt, ich will in das und das Land reisen.

Peter Dambach: Eine sehr, sehr gute Idee. Auf jeden Fall machen! Eine wichtige Sache ist zum Beispiel Gelbfieber. Da gibt es bestimmte Gelbfieberimpfstellen, weil bestimmte Länder in Afrika und Asien, die haben als Einreisebeschränkungen eben auch eine Gelbfieberimpfung als Voraussetzung. Und da muss man auch ein bisschen Vorlauf haben. Also das dauert ein paar Wochen, weil man dann auch, glaube ich, zwei Impfungen benötigt. Also dann nicht eine Woche vor dem Urlaub erst dran denken.

Roman Jaburek: Wir haben es ja schon erwähnt: Eine Mückenplage bei uns in Deutschland ist zum Glück nicht vorhanden und in anderen Ländern sieht es da ganz anders aus, beispielsweise auch in Afrika, und hier hatten sie, Herr Dr. Dambach, ein Projekt begleitet, mit dem Sie Mücken bekämpfen wollten. Und jetzt die große Frage: Ist Ihnen das auch gelungen?

Peter Dambach: Richtig. Also wir hatten ein sehr, sehr großes Projekt über mehrere Jahre in Burkina Faso, bei dem wir eben dieses vorher erwähnte BTI, diesen Bacillustoxin, verwendet haben, um Mückenlarven in den Brutstätten, also Tümpeln und Teichen usw., zu töten. Und dann zu ihrer Frage: Hatten wir Erfolg? Ja, als Wissenschaftler misst man Erfolg natürlich immer an anhand bestimmter Indikatoren. Die muss man erstmal definieren und da gibt es jetzt so einen epidemiologischen Weg quasi von der Moskitolarve, die ich ja primär umbringen möchte, über die Mücke und dann den Mückenstich und dann bis hin zum Menschen. Und je nachdem, welchen Indikator ich mir jetzt als Erfolgsmesslatte raussuche, kann ich das natürlich unterschiedlich bewerten. Wir hatten jetzt nicht die menschliche Epidemiologie, also die Malariafälle, gemessen, sondern wir hatten die Mückendichte gemessen. Und die haben wir deutlich runtergebracht, also je nach Interventionsmonat zwischen 70 und 80% weniger Mücken in den Dörfern, die wir behandelt haben.

Roman Jaburek: Wie es Ihnen das gelungene, also was haben Sie da gemacht?

Peter Dambach: Wie gesagt, das ist dieses Bacillus thuringiensis israelensis. Das ist so eine Art Pulver, was man in Wasser auflöst. Und wir hatten dann ganze Armeen an lokaler Bevölkerung, die mit Rückenspritzen – die kennen vielleicht einige aus dem Garten, so vom Bäume sprühen – das alle zehn Tage in die Tümpel ausgebracht haben. Und dann geschaut haben: Okay, erstmal Qualitätskontrolle. Sind die Larven gestorben, ja? Ud dann haben wir eben geschaut, wie kriegen wir jetzt raus, ob die Mücken auch gestorben sind. Und das haben wir mit Lichtfallen gemacht. Also wir haben da in an ganz, ganz vielen Dörfern, in 40 Dörfern, Fallen aufgehängt. Die sehen so ein klein bisschen aus, kann man sich vorstellen: ein kleines Lämpchen, was mit einer Batterie betrieben wird. Das lockt die Mücken an. Da drunter ist ein ganz kleiner Ventilator. Dieser saugt die dann weiter rein in so einem kleinen Gaze-Zylinder. Und das stellt man halt abends auf, um 6:00 Uhr abends. Und um 06:00 Uhr morgens macht man das wieder zu und dann schaut man nach im Labor: Ok, wie viele Mücken hab‘ ich denn da drin? Und zu welchen Arten gehören diese Mücken und sind das weibliche Mücken, die Malaria übertragen, oder sind das vielleicht männliche. Und dann kann man da eben Profil erstellen: Wann pro Jahr sind wie viele Mücken und um wieviel Prozent bring ich die Mückenzahl runter?

Roman Jaburek: Sehr, sehr spannend. Gab es dieses Konzept schon, Herr Dr. Dambach?

Peter Dambach: Ja, auch eine sehr interessante Sache. Also wir haben in der Tat das aus dem Rhein-Neckar-Gebiet exportiert nach Afrika. Also ein Kollege von mir, der Professor Dr. Norbert Becker, der die Kommunale Arbeitsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage leitet, hier in Speyer. Ja, mit dem haben wir halt zusammengearbeitet und der hat seine dreißigjährige Expertise dafür verwendet, dass wir das adaptieren nach Afrika.

Roman Jaburek: Okay, können wir jetzt von Speyer nach Heidelberg zurück. Frau Dr. Treskova, Sie begleiten ja hier auch ein Projekt bei dem auch die Bürger sich beteiligen können. Und das Ganze geht per App. Hier kann man Bilder von Stechmücken über eine Plattform hochladen.

Marina Treskova: Ja, das ist richtig. Wir arbeiten auch zusammen mit Herrn Norbert Becker und mit Mosquito Alert. Vielleicht erkläre ich erstmal den Namen Mosquito Alert. Das ist eine App, die entwickelt wurde, um die Überwachung und Kontrolle von Stechmückenpopulationen mithilfe der Bevölkerung zu erleichtern. Mosquito ist das englische Wort für Mücke und Alert für Alarm. Und das beschreibt auch genau, was mit der App erreicht werden kann. Also wir bekommen die Alarme, wenn irgendwo Mückenpopulationen entdeckt werden. Jeder kann die App nutzen und drei verschiedene Informationen uns geben. Zum Beispiel die erste Möglichkeit ist, einen Mückenstich zu melden und ergänzend kann man zum Beispiel wichtige Informationen hinzufügen, wie die gestochene Körperstelle und an welchem Ort man gestochen wurde. Dann zweitens kann man eine Begegnung mit einer Stechmücke melden. Eigentlich muss man oder sollte man – in jedem Fall wird man gebeten – ein Foto der Mücke zu machen, das an die App gesendet wird. Und wir nutzen dann künstliche Intelligenz, und zwar Bilderkennungsalgorithmen, um die Mücken zu erkennen. Und dann wird das natürlich von Epidemiologen verifiziert. Damit können wir zum Beispiel wissen, wo die Mücken der invasiven Arten auftreten und dann die Krankheiten auslösen können.

Roman Jaburek: Es lohnt sich da wirklich mal drauf zu gucken, ja, auch auf diese Internetseite www.mosquitoalert.com/en, weil man sieht natürlich, wie Sie gesagt haben, die gesamte Karte, habe ich auch gesehen. Und man kann ja dann genau gucken, wo was gemeldet worden ist, und dann taucht das so rot auf und blinkt. Also man kann sagen, so wie Google Street View, ja wo so ein Auto mit der Kamera rumfährt, machen die Bürger quasi über diese App auch mit und melden, wo die sind, und dann hat man einen schönen Überblick und kann natürlich gucken, welches Gebiet ist gefährdet oder welches nicht. Ja, was meinen Sie denn als Experten, wenn man in die Zukunft jetzt blickt, vor allem hier auch bei uns in Deutschland. Wir haben jetzt gesagt, wir gehören noch nicht zu diesem betroffenen Gebieten. Wie sehen Sie es denn, werden wir vielleicht bald mehr Mücken haben oder vielleicht sogar Mückenplagen aufgrund der Globalisierung und dem Klimawandel?

Peter Dambach: Mücken alleine haben wir natürlich eine Menge, ja. Also wenn wir hier im Oberrheintal nicht behandeln würden, wäre da schon eine Mückenplage. Der noch interessantere Aspekt der Frage ist vielleicht: Stellen die ein Risiko dar? Und da würde ich erstmal antworten, generell wahrscheinlich eher nicht. Also wir haben ja Mücken hier, die Malaria übertragen können, aber im Prinzip haben wir ein viel zu gutes Gesundheitssystem hier und wir haben eben auch kein, das nennt sich Reservoir, also wir haben nicht diese Malariaparasiten in den Menschen vorhanden hier. Das heißt, wenn eine Mücke Blut saugt, ist sie erstmal nicht infiziert, ja.

Marina Treskova: Ich würde auch zustimmen, aber ich muss sagen, der Klimawandel kann natürlich gute Bedingungen für die Mücken geben, besonderes in verschiedenen Städten, auch in Süddeutschland. Und diese Präventionsmaßnahmen und Zusammenarbeit zwischen den Gesundheitsämtern und auch Umweltämtern, das Beobachten von Vektoren auch mithilfe von Citizen Science natürlich, ist sehr wichtig und wenn wir Vektoren in Deutschland haben, dann können Viren kommen und dann haben wir ein Problem. Aber ehrlich gesagt nicht so wahrscheinlich, schätze ich auch.

Roman Jaburek: Das sind doch schon mal gute Aussichten und ich bedanke mich für das spannende Gespräch bei Frau Dr. Marina Treskova und bei Herrn Dr. Peter Dambach vom Heidelberger Institut für Global Health. Alles Gute und weiterhin gutes Gelingen bei Ihren Projekten! Schön, dass Sie da waren.

Peter Dambach und Marina Treskova: Sehr gerne. Vielen Dank und bis zur Fortsetzung.

Was ist Malaria?

Verursacher der Malaria sind einzellige Parasiten (Plasmodien). Übertragen werden diese durch weibliche Mücken der Gattung Anopheles. Diese stechen nachts zwischen Abend- und Morgendämmerung. Sie sind beinahe geräuschlos und bleiben oft unbemerkt. Eine direkte Ansteckung von Mensch zu Mensch ist nicht möglich. Die Malaria beginnt meist mit unspezifischen Beschwerden wie Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen sowie einem allgemeinem Krankheitsgefühl. Häufig werden solche Anzeichen in Europa als grippaler Infekt oder Magen-Darm-Infektion fehlinterpretiert.

Es gibt vier Hauptarten: