Der Bluttest – Überblick und Konsequenzen
(Stand: Oktober 2020)
Im Februar 2019 kündigten Forschende der Universitäts-Frauenklinik des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD) im Rahmen einer Pressekonferenz die Entwicklung eines marktfähigen Verfahrens zur Erkennung von Brustkrebs mit Hilfe eines Bluttests an. Hierzu waren durch das UKHD-Tochterunternehmen technologie transfer heidelberg GmbH (tth GmbH) mit Beteiligung von Investoren Gesellschaften mit dem Namen HeiScreen GmbH sowie – für den chinesischen Markt – HeiScreen NKY GmbH ausgegründet worden.
In den folgenden Wochen wurde deutlich, dass die Ankündigung verfrüht und die Prozesse und Strukturen des Universitätsklinikums bezogen auf den Technologietransfer und Ausgründungen seiner Tochterunternehmen nicht ausreichend definiert waren. Um die Vorgänge rund um die HeiScreen GmbH und die HeiScreen NKY GmbH aufzuklären und zu verhindern, dass sich derartige Vorgänge wiederholen können, wurden folgende Maßnahmen ergriffen:
Untersuchungen
- Der Aufsichtsrat hat mit Beschluss vom 5. April 2019 eine unabhängige, externe Untersuchungskommission unter Leitung von Prof. Dr. Matthias Kleiner (Präsident der Leibniz-Gemeinschaft und ehemaliger Präsident der DFG) und Bundesverfassungsrichterin a.D. Dr. Christine Hohmann-Dennhardt eingesetzt. Die Kommission erarbeitete auf Basis des Abschlussberichts Empfehlungen zu Strukturen und Prozessen für den Technologietransfer. UKHD und Medizinische Fakultät Heidelberg haben einen Großteil der Empfehlungen bereits umgesetzt.
- Prof. Dr. Bernhard Eitel, Rektor der Universität Heidelberg, hat die Senatskommission zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis und zum Umgang mit Fehlverhalten in der Wissenschaft unter Leitung des damaligen Prorektors für Forschung und Transfer, Prof. Dr. Stephen Hashmi, mit der Prüfung aller akademischen Aspekte im Zusammenhang mit dem Bluttest zur Brustkrebsdiagnostik betraut. Der Abschlussbericht der Senatskommission wurde dem Rektor übergeben.
- Im Bereich Transfer erfahrene Mediziner der Medizinischen Fakultät Heidelberg prüften im Auftrag des Dekans unter der Leitung von Prof. Dr. Walter Emil Haefeli und Prof. Dr. Magnus von Knebel Doeberitz die wissenschaftliche Qualität der Forschungsarbeiten sowie die Verwertungsvorgänge. Ergebnisse und Bewertungen wurden der externen Untersuchungskommission sowie der universitären Senatskommission (siehe oben) für ihre Arbeit zur Verfügung gestellt.
- Ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Mannheim im Zusammenhang mit der Publikation des Bluttests wurde am 3. März 2020 eingestellt. Die umfangreichen Ermittlungen des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg ergaben keine Anhaltspunkte für strafrechtlich relevante Zuwendungen von Vorteilen oder nicht gesetzeskonformen Absprachen im Zusammenhang mit dem genannten Bluttest. Weiterhin ergaben die Ermittlungen keine Hinweise für strafrechtlich relevantes Verhalten. Das Universitätsklinikum Heidelberg hatte im April 2019 selbst Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt.
Personelle Konsequenzen
Die Ereignisse rund um die HeiScreen GmbH haben zu personellen Konsequenzen auf Vorstandsebene geführt: Der Dekan der Medizinischen Fakultät Heidelberg, Prof. Dr. Andreas Draguhn, legte mit Wirkung vom 24. Juli 2019 sein Amt und alle damit zusammenhängenden Funktionen nieder.
Die Vorstandsvorsitzende und Leitende Ärztliche Direktorin des Universitätsklinikums Heidelberg, Prof. Dr. Annette Grüters-Kieslich, stellte ihr Amt zum 31. Oktober 2019 zur Verfügung. Die Kaufmännische Direktorin, Dipl.-Volksw. Irmtraut Gürkan, trat zum 31. Juli 2019 zurück. Mit Markus Jones, dem ehemaligen Stellvertretenden Kaufmännischen Direktor, kam es Ende Januar 2020 zu einer gütlichen Einigung.
Organisatorische und administrative Neuerungen
Die Vorgänge wurden auch zum Anlass genommen, die Geschäftsordnung des UKHD einer Anpassung und Modernisierung zu unterziehen: Die neue Geschäftsordnung wird eine Weiterentwicklung der bestehenden Fassung aus dem Jahr 2007 darstellen und beispielsweise Zuständigkeiten und Berichterstattungspflichten der einzelnen Vorstandsmitglieder eindeutiger regeln. Neu formuliert wurde außerdem eine Geschäftsverteilung, in der die Verantwortungsbereiche der fünf Vorstandsmitglieder verschriftlicht sind.
Änderungen im Technologietransfer
Die Universität Heidelberg hat die Verwertungsverträge mit der tth GmbH, die sie für die Medizinische Fakultät Heidelberg abgeschlossen hat, gekündigt. Zuständig für den Technologietransfer und die Patentbetreuung der Medizinischen Fakultät ist nun die von der Universität neu gegründete Verwertungsgesellschaft ScienceValue Heidelberg GmbH (SVH). Mitarbeitenden der tth GmbH wurde eine Übernahme in die neue, zu 100 Prozent universitäre GmbH angeboten.