Hallo Welt

Die Fruchtblase platzt, die Wehen werden immer stärker, und die Eltern können es kaum erwarten, ihr Baby so schnell wie möglich in die Arme zu schließen. Die meisten Geburten verlaufen problemlos, doch ungefähr jedes zehnte Baby kommt zu früh. Im Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD) werden die Frühchen auf einer eigenen Intensivstation und mit einem speziell für sie entwickelten Programm versorgt.

Um sicherzugehen, dass die Neugeborenen gesund sind, können sie mit dem Neugeborenenscreening auf 19 verschiedene Krankheiten getestet werden. Sollte sich ein Verdacht auf Mukoviszidose ergeben, kann die Behandlung im Mukoviszidose-Zentrum des UKHD sofort beginnen.

06.31 Uhr Kreißsaal

Lisas Hand krampft sich um die Finger von Mark. Bei dieser Wehe ist ihr vor Schmerzen fast schwarz vor Augen geworden. Seit fünf Stunden laufen sie vor dem Kreißsaal auf und ab, aber der Muttermund ist erst drei Zentimeter weit geöffnet, zu wenig für die Geburt. Bevor Lisa sich darüber wirklich Gedanken machen kann, kommt schon die nächste Wehe.

„Bei Erstgebärenden kann es bis zu 14 Stunden dauern, bis der Muttermund vollständig geöffnet ist“, sagt Kristina Marmé, Pflegerische Leitung der geburtshilflichen Station und Hebamme, „dann beginnt die finale Phase, die sich auch über mehrere Stunden ziehen kann“.

Lisas Muttermund ist nun fünf Zentimeter weit geöffnet. Jetzt geht es in den Kreißsaal, wo die Hebamme regelmäßig die Herztöne des Babys und den Muttermund kontrolliert. Alles in Ordnung. Lisa kann sich kurz entspannen. Wie gut, dass sie schon vorher in der Anästhesiesprechstunde war und genau weiß, wie die Schmerzen gelindert werden können.

„Wir sind eine ärztlich geführte Geburtshilfe, das heißt, der Arzt oder die Ärztin sind bei der Entbindung dabei, aber solange die Geburt normal verläuft, betreut natürlich hauptsächlich die Hebamme und hat die Verantwortung“, erklärt Kristina Marmé. Erst wenn Schmerzmittel notwendig werden oder Besonderheiten auftreten, werden die Ärzte hinzugerufen. Vor dem Angebot einer Spinalanästhesie oder Periduralanästhesie (PDA), bei der man in der Nähe des Rückenmarks Lokalanästhetika injiziert, können weniger invasive Schmerzmittel über einen Tropf an der Vene eingesetzt werden oder Lachgas über eine Atemmaske.

Der Kopf der kleinen Nele wird jetzt langsam sichtbar. Noch ein paarmal pressen, dann ist es geschafft! Die frischgebackene Mutter kann es kaum glauben. Eben war Nele noch in ihrem Bauch, und jetzt hält sie ihre Tochter im Arm, während Mark die Nabelschnur durchschneidet. Sie ist ein Wunder. Sie ist wirklich da. Und sie ist perfekt!

⌀ 32,1 Jahre

waren die Mütter 2022 in Deutschland

ca. 700.000 Kinder

werden pro Jahr in Deutschland geboren

2.249 Kinder

wurden 2022 am UKHD geboren

08.00 Uhr Neugeborenen­screening

Das Screening auf Mukoviszidose erfolgt in der Regel zur gleichen Zeit und aus derselben Blutprobe, welche für das Neugeborenen­­screening abgenommen wird. Hierfür werden wenige Blutstropfen auf eine Filterpapierkarte getropft und in das Screeninglabor geschickt.

Paul liegt entspannt in seinem Bett zuhause in Neckargemünd und gluckst vor sich hin. Dass ihn ein Arzt vor zwei Wochen in die Verse gepikst hat, hat er längst schon wieder vergessen. „Die Blutentnahme ist für das Neugeborenen­screening notwendig. Damit können wir erste Hinweise auf 19 sehr gefährliche Krankheiten entdecken und so früh wie möglich handeln“, erklärt Professor Dr. Jürgen G. Okun, Laborleiter des Neugeborenen­screenings und Stoffwechsel­labors am UKHD.

„Die Blutentnahme ist für das Neugeborenen­screening notwendig. Damit können wir erste Hinweise auf 19 sehr gefährliche Krankheiten entdecken und so früh wie möglich handeln“

Professor Dr. Jürgen G. Okun,
Laborleiter des Neugeborenen­screenings

Für alle Neugeborenen in Deutschland wird wenige Tage nach der Geburt diese Blut­untersuchung auf seltene angeborene Störungen des Stoffwechsels, des Hormon-, des Blut-, des Immunsystems und des neuro­muskulären Systems sowie der Mukoviszidose angeboten und empfohlen. Im Heidelberger Neugeborenen­screening werden im Durch­schnitt 500 Proben pro Arbeitstag untersucht. Unentdeckt können diese Krankheiten zu Organschäden, körperlicher oder geistiger Behinderung oder sogar zum Tod führen.

Im Neugeborenenscreening Heidelberg werden jährlich die Proben von mehr als 140.000 Neugeborenen aus Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und dem Saarland untersucht.

ca. 150.000

Neugeborene werden jedes Jahr in Heidelberg gescreent.

500

Proben werden pro Arbeitstag im Durchschnitt im Heidelberger Labor des Neugeborenen­screenings untersucht.

Mutter Lorena und Vater Robert wollten für den kleinen Paul alle Vorsorgeuntersuchungen wahrnehmen, die möglich sind, deshalb haben sie sich für das Neugeborenen­screening inklusive Mukoviszidose-Test entschieden. Einige Zeit nach dem Test erhielten sie eine Benachrichtigung mit dem Hinweis auf eine mögliche Mukoviszidose-Erkrankung bei ihrem Sohn. Am UKHD wird ungefähr jede zweite Woche ein solcher Fall beim Neugeborenen­screening entdeckt. Doch Paul ist so quietsch­fidel, dass die Eltern mit dem Labor nochmals Rücksprache halten wollen. Kann das wirklich sein? Was bedeutet das jetzt?

„Ein auffälliger Befund bedeutet nicht auto­matisch, dass das Baby wirklich erkrankt ist“, meint die verantwortliche Oberärztin, Privatdozentin Dr. Friederike Hörster im Telefonat mit den Eltern, „abschließende Gewissheit bringt erst der Schweißtest in einem Mukoviszidose-Zentrum“. Ein solches Zentrum ist in Heidelberg Teil der Kinderklinik, sodass die Eltern direkt dorthin überwiesen werden können.

Mehr zum Neugeborenenscreening am UKHD

11.45 Uhr Intensivstation für
Frühgeborene

Eine weitere wesentliche Verbesserung der Prognose Frühgeborener lässt sich durch individuellere „sanfte" Betreuung erreichen. Inzwischen überleben über 90 Prozent der Frühgeborenen mit einem Alter unter 32 Wochen.

So haben sich Anna und Markus den ersten Kontakt mit ihrem Baby nicht vorgestellt. Es piepst und blinkt in dem halbdunklen Raum, es riecht nach Desinfektionsmittel und Latexhandschuhen. Keuchende Maschinen und Schläuche, die viel zu dick scheinen, führen zu einem winzig kleinen, zerbrech­lichen Menschlein in einem Glaskasten: Emma.

Ihre kleine Tochter war erst 28 Wochen alt, als sie mit einem Kaiserschnitt geholt werden musste, denn eine Infektion löste bei Anna die Wehen viel zu früh aus. Zum Glück sind Professor Dr. Christian Gille und sein Team in der Klinik für Frühgeburten (Neonatologie) auf Fälle wie diesen spezialisiert: „Wir haben ein ganz besonderes Betreuungskonzept für Frühgeborene entwickelt, das die Eltern intensiv einbezieht,“ erzählt Prof. Gille, Ärztlicher Direktor der Klinik für Neo­nato­logie, „denn wir haben festgestellt, dass Mama und Papa die beste Medizin für ihr Kind sind“.

Nach der Methode des Entwicklungs­fördernden Familien­zentrierten Indivi­duellen Betreuungs­konzept für Früh- und Neugeborene (EFIB®) versuchen die Ärzte zuerst, die „Sprache“ des Frühchens zu entschlüsseln, indem sie seine Bewegungen, Aktivität und Reaktionen beobachten und interpretieren. Zusammen mit den Werten von Atem, Herz und Blutdruck können sie den Zustand des Kindes einschätzen und daraus seine Bedürfnisse ableiten. „Frühgeborene können sich nicht so gut verständigen wie ausgewachsene Babys, denn ihre Muskeln sind noch viel zu schwach für die Schwer­kraft,“ erklärt Prof. Gille.

„Wir haben ein ganz besonderes Betreuungskonzept für Frühgeborene entwickelt, das die Eltern intensiv einbezieht“

Prof. Dr. Christian Gille, Ärztlicher Direktor der Klinik für Neonatologie

Auch Anna und Mark hatten, genau wie ihr Baby, zu wenig Zeit, um sich auf die Geburt aus­reichend vorzubereiten. Deshalb unterstützt sie während der Zeit mit Emma auf der Intensiv­station das ganze Team, um von Anfang an als Eltern für Emma da zu sein. Nach der Entlassung kommt ein Teammitglied der Klinik als Neonatalbegleiter nach Hause und hilft beim Übergang in den Alltag.

Emma liegt mittlerweile ganz ruhig auf Annas Brust – Haut auf Haut. „Känguruing“ nennt man diese Methode, die die Eltern-Kind-Bindung fördert.

Zur Klinik für Neonatologie am UKHD

270 Gramm

wog das kleinste Frühchen, das 2022
am UKHD geboren wurde

ca. 130 Frühgeburten

kommen im UKHD jedes Jahr zur Welt

ab der 22. Woche

können Babys als Frühgeburt überleben

14.00 Uhr Mukoviszidose-
Zentrum

Das Mukoviszidose-Zentrum gehört zur Sektion Pädiatrische Pneumologie und Allergologie des UKHD. Mukoviszidose ist eine genetisch be­dingte Krankheit, die mehrere Organe befällt, vor allem aber die Lunge und die Bauch­speichel­drüse. Dabei wird durch einen Gen­defekt wird der Transport von Chlorid- und Bikarbonat-Ionen an den begrenzenden Zell­membranen von Körper­drüsen gestört, wodurch zäher Schleim gebildet wird, der die Organe angreift.

„Mukoviszidose ist nicht heilbar, aber die Symptome können heute gut beherrscht werden“ erklärt Sektionsleiter Privatdozent Dr. Olaf Sommerburg. Denn es wurden seit ungefähr elf Jahren Schritt für Schritt neuartige Medikamente eingeführt, mit denen heute ungefähr 90 Prozent der Betroffenen effektiv behandelt werden können. „Mit diesen haben die Patienten wahrscheinlich eine normale Lebenserwartung.“

„Mukoviszidose ist nicht heilbar, aber die Symptome können heute gut beherrscht werden“

Privatdozent Dr. Olaf Sommerburg, Sektionsleiter

Beim Schweißtest, der zur Diagnosesicherung durchgeführt wird, misst man die Konzentration des Chlorids im Schweiß, das beim normalen Schwitzen auf die Haut transportiert wird. Ist die Konzentration zu hoch, liegt der Gendefekt vor. Damit dieser Test jedoch gut klappt, muss das Baby mindestens zwei Wochen alt und sollte wenigstens drei Kilo schwer sein.

Der Schweißtest ist der so genannte Goldstandard für die Diagnose von Mukoviszidose. Der Nachweis beruht auf dem erhöhten Kochsalzgehalt (Natrium-Chlorid) im Schweiß der Betroffenen.

Lorena und Robert müssen nun abwarten, bis sie Klarheit bekommen. Das wird keine leichte Zeit für sie, doch zum Glück sind die Chancen gut, dass Paul gesund ist, denn von fünf im Neugeborenen­screening auffälligen Babys ist nur eines wirklich von Mukoviszidose betroffen.

Zum Mukoviszidose-Zentrum am UKHD

ca. 700

Babys werden in Deutschland jedes Jahr mit Mukoviszidose geboren.

20.30 Uhr Krankenzimmer,
Geburtsstation

Lisa liegt in ihrem Bett und hat Nele im Arm. Mark sitzt auf der Bettkante und bewundert das winzige, perfekte Menschlein. Dass er der Vater dieses kleinen Wunders ist, hat er immer noch nicht so recht begriffen. Neles Geburt ist bilderbuchmäßig verlaufen, deshalb dürfen Mutter und Kind schon morgen wieder nach Hause. Sollten noch Fragen auftauchen, können sie in eine der Sprechstunden gehen, die das UKHD für frischgebackene Eltern anbietet.

Mein Mamaherz – persönlich, vielseitig,
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Die App „Mein Mamaherz“ ist Netzwerk, Ratgeber, Terminplaner, Coach und auch Yogalehrer zugleich. Wichtig ist, dass die Familien und Mütter unkompliziert und niederschwellig Angebote nutzen können – so ist beispielsweise ein Anruf aus der App heraus bei einer Beratungsstelle möglich oder ein Klick führt direkt zu einer Schreiambulanz oder Physiotherapie.

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