Kopf­sache

Die moderne Medizin ist ohne innovative Forschung nicht denkbar. Doch trotz allen Pioniergeistes darf der Mensch nicht aus dem Blick verloren werden. Wie man es schafft, mit Erkenntnissen aus der Wissenschaft das Leben von Patientinnen und Patienten zu verbessern, davon erzählen diese Beispiele aus der Neurologie. Dabei geht es um ein Kind mit Hirntumor, um hoch engagierte Pflegekräfte und um den höchst dotierten Forschungspreis der Neurowissenschaften.

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Neurologie und Poliklinik

Die stille Allianz von Tumor und Hirn

Sie sind unheilbar und hoch aggressiv: Glioblastome. Für Erkrankte sind die Hirn­tumoren ein Todes­urteil. Doch dank der mit dem Brain Prize aus­gezeichneten Arbeit von Prof. Dr. Frank Winkler, der an der Medi­zinischen Fakultät Heidelberg (MFHD) der Universität Heidelberg forscht und als Geschäfts­führender Oberarzt am Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD) Patientinnen und Patienten behandelt, gibt es neue Therapieansätze. Fünf Fakten über die Heidelberger Pionierarbeit.

1. Gesunde Zellen befeuern das Tumorwachstum

Glioblastome sind extrem aggressive Hirn­tumoren. Prof. Dr. Frank Winkler hat mit seinem Team ent­deckt, dass die gesunden Nerven­zellen des erkrankten Gehirns zu den Tumor­zellen Zell-Zell-Kontakte ausbilden. Dabei handelt es sich um normale erregende „Synapsen“, wie diese Kontakt­stellen zwischen Nerven­zellen heißen. Darüber geben die Nerven­zellen des Gehirns Erregungs­signale an die langen Zellfortsätze der Glioblastom­zellen weiter und regen so das Tumor­wachstum und das Aus­schwärmen der Tumor­zellen in das Hirn­gewebe an. Diese Erkenntnis bescherte Prof. Winkler jüngst den größten neuro­wissen­schaftlichen und neuro­medizinischen Forschungs­preis weltweit: den mit 1,3 Millionen Euro dotierten Brain Prize.

2. Tumor­zellen bilden ein pilzartiges Netzwerk

Die Glio­blastom­zellen sind unter­einander durch lange Zell­fortsätze verbunden und wachsen wie ein Pilz­geflecht in das gesunde Gehirn ein. Dieses Geflecht kann nicht voll­ständig operativ entfernt werden. Zudem tauschen die Zellen über ihre Ver­bindungen wichtige Stoffe aus und schützen sich so vor Schäden durch die Therapie. Das gilt als einer der Gründe, warum trotz intensiver Behandlung mit Operation, Chemo- und Strahlen­therapie Betroffene meist innerhalb von zwei Jahren sterben.

3. Kommunikation der Zellen kann gehemmt werden

Die Kommunikation zwischen Tumor­zellen und gesunden Zellen kann auf dieselbe Art gehemmt werden wie die Kommu­nikation zwischen gesunden Zellen. Beispiels­weise kann ein bereits zuge­lassenes Medi­kament gegen Epilepsie die Signal­über­tragung an den Synapsen stören. In einer klinischen Studie wird derzeit geprüft, ob so das Tumor­wachstum verlangsamt werden kann – ein völlig neuer Therapie­ansatz.

4. Neues Forschungsfeld begründet: Cancer Neuroscience

Prof. Winkler hat einen Paradigmenwechsel in der Krebsforschung eingeleitet, indem er die Neurowissenschaften einbezogen hat. So hat er die Grund­lage für das geschaffen, was heute als Cancer Neuroscience bezeichnet wird. In diesem Forschungs­bereich steht das Zusammenspiel von Nerven­system und Krebs im Fokus und das nicht nur bei Gehirn­tumoren: Inzwischen mehren sich wissen­schaftliche Hinweise, dass das Nerven­system auch bei anderen Krebsarten eine zentrale Rolle spielen könnte.

5. Translation ist ein Erfolgsfaktor

Prof. Winkler forscht nicht nur, er behandelt selbst auch Patientinnen und Patienten mit innovativen Ansätzen. Beobachtungen aus der Klinik kann er unmittelbar grund­lagen­wissenschaftlich überprüfen. Genau das ist gelebte Translation. Der Standort Heidelberg bietet dafür durch seine enge Ver­zahnung von Universität, Universitäts­klinikum und außer­universitären Forschungs­einrichtungen wie dem Deutschen Krebs­forschungs­zentrum hervorragende Voraussetzungen.

Brain Prize für exzellente Hirnforschung

Der mit 1,3 Millionen Euro dotierte Brain Prize würdigt besonders inno­vative und weit­reichende Fort­schritte in der Hirn­forschung – von der neuro­wissen­schaftlichen Grund­lagen­forschung bis zur angewandten klinischen Forschung. Der von der Lundbeck-Stiftung ausgelobte Preis wird seit 2011 jährlich vergeben und ist der größte neuro­wissenschaftliche und neuro­medizinische Forschungs­preis weltweit. Bislang erhielten 49 Wissenschaftler­innen und Wissen­schaftler aus elf Ländern die Aus­zeichnung. 2025 ging der Brain Prize an Prof. Dr. Frank Winkler vom UKHD sowie an die Prof. Michelle Monje von der Stanford University, die inoperable Hirn­tumoren bei Kindern erforscht.

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Pionierarbeit aus Heidelberg: Das Video „Glioblastome: Wie Tumor­zellen im Netzwerk kommunizieren“ erklärt die Forschung von Prof. Dr. Frank Winkler und seinem Team.
Portrait von Prof. Dr. Frank Winkler

Prof. Dr. Frank Winkler

Geschäftsführender Oberarzt der Neurologischen Klinik des UKHD

Ein Experte der Translation

Prof. Dr. Frank Winkler studierte Medizin in Hamburg, Freiburg, London und Kapstadt. Seine Fach­arzt­ausbildung in Neuro­logie schloss er 2009 ab. Seit 2016 ist er Geschäfts­führender Oberarzt der Neuro­logischen Klinik am Uni­versitäts­klinikum Heidelberg (UKHD), wo er Patientinnen und Patienten mit Hirn­tumoren behandelt. Zudem forscht er an der Medizinischen Fakultät Heidelberg sowie am Deutschen Krebsforschungszentrum. In den vergangenen 15 Jahren gelangen ihm bahn­brechende Ein­blicke in die Funktions­weise von Glioblastomen. Für seine Arbeiten erhielt er 2022 den Deutschen Krebs­preis in der Sparte „Translationale Forschung“, 2024 den BIAL Award in Biomedicine und 2025 den Brain Prize, den weltweit größten neuro­wissenschaft­lichen und neuro­medi­zinischen Forschungs­preis.

Als wissenschaftlich tätiger Arzt betreue und behandle ich täglich Patientinnen und Patienten mit Hirn­tumoren und kann gleich­zeitig die Hypothesen, die sich aus dem direkten Ringen mit der Krankheit in der Klinik ergeben, wissen­schaftlich überprüfen. So stellen sich von selbst die richtigen Fragen, welche wirklich relevant für die grund­legenden Mechanismen der Tumor­erkrankung und für die Betroffenen selbst sind.

Eine Person in Laborkleidung blickt auf einen Monitor, der leuchtende Strukturen in Blau- und Grüntönen zeigt.

Neurologie und Poliklinik

Glioblastom – das Gehirn im Gehirn

Noch ist es Zukunfts­musik, aber irgendwann einmal soll das Glioblastom erfolg­reich behandel­bar sein, vielleicht sogar heilbar. Dieses Ziel verfolgt der Sonder­forschungs­bereich (SFB) 1389, der die Therapie­resistenz dieser Hirn­tumore erforscht. Fünf Fragen an SFB-Sprecher Prof. Dr. Wolfgang Wick.

1. Was genau ist ein Glioblastom und was macht es so heraus­fordernd im Vergleich zu anderen Hirn­tumoren?

Das Glioblastom ist der bösartigste Hirn­tumor, den wir kennen. Er entsteht aus den gleichen Zellen, aus denen auch das Gehirn selbst in seiner Ent­wicklung einmal ent­standen ist. Proble­matisch ist die Lokali­sation, denn im Gehirn kann man einen Tumor nicht einfach weg­schneiden. Die gesunde Funktion muss erhalten bleiben. Zudem wächst er stark infil­trierend, das heißt: Er verzahnt sich eng mit der gesunden Um­gebung. Der Tumor inter­agiert sogar über Synapsen mit gesunden Zellen und bildet so eine Art Gehirn im Gehirn. Dieses Netzwerk ist gut geschützt, die Zellen helfen einander. Glioblastome sind außer­dem sehr heterogen, sie bestehen also aus ver­schiedenen Zell­sorten und diese haben unter­schiedliche Barrieren für Therapien. Die Summe dieser Faktoren bedingt die schlechte Therapierbarkeit.

Porträt von Prof. Dr. Wolfgang Wick.

Prof. Dr. Wolfgang Wick

Sprecher SFB 1389 UNITE Glioblastoma

2. Welches zentrale wissenschaftliche Ziel verfolgt der SFB?

Im SFB sind alle Diszi­plinen ver­treten, die mit der Forschung an und Therapie von hirn­eigenen Tumoren zu tun haben. Die Arbeits­gruppen versuchen, an menschlichem Material oder an realis­tischen Modellen, die die Ent­wicklung der Erkrankung nach­bilden, die Mecha­nismen der primären Resis­tenz oder Resistenz­entstehung zu verstehen. In der ersten Förder­phase der Deutschen Forschungs­gemeinschaft ging es dem­ent­sprechend vor allem um die Neu­diagnose des Glioblastoms. Nun, in der zweiten Förder­phase, widmen wir uns besonders dem Wieder­auftreten bzw. der Progression der Erkrankung.

Drei Erkenntnisse konnten wir schon gewinnen:

  1. Unter dem Begriff Glioblastom ver­bergen sich diverse Er­krankungen mit unter­schied­lichen Schwach­stellen. Daraus ergeben sich medi­kamen­töse Ansätze.
  2. Die Netzwerk­architektur, also die Tatsache, dass die Tumorzellen kommu­nizieren, spielt eine große Rolle.
  3. Es gibt spannende immun­thera­peutische oder den Meta­bolismus attackierende An­sätze. Diese Themen wollen wir gerne voran­treiben, um in Zukunft perso­nali­sierte Behand­lungen anbieten zu können.
Eine Person in Laborkleidung arbeitet mit einer Pipette hinter einer Glasschutzscheibe.
Der SFB 1389 untersucht die Therapieresistenz von Glioblastomen.
Prof. Dr. Wolfgang Wick mit zwei weiteren Personen in einem Besprechungsraum. Im Hintergrund zeigt ein großer Monitor leuchtende Linien und Punkte.
Prof. Dr. Wolfgang Wick ist Sprecher des SFB 1389, Geschäfts­führender Direktor der Neuro­logischen Klinik des UKHD und Leiter der Klinischen Kooperations­einheit Neuroonkologie am Deutschen Krebs­forschungszentrum (DKFZ). Er ist zudem Vorsitzender des Wissenschaftsrates.
Gruppenfoto: Zahlreiche Personen in weißer und blauer medizinischer Dienstkleidung stehen lächelnd auf einer Treppe. Die Aufnahme wurde aus erhöhter Perspektive gemacht.
Die Forschungsgruppe von Prof. Wick.

3. Welche Rolle spielen inno­vative Techno­logien, KI-Anwendungen etc. bei Ihrer Forschung und ermög­lichen diese ein neues Ver­ständ­nis der Tumor­biologie?

Ja, durchaus. Wir nutzen etwa künst­liche neuronale Netze, um die Sub­gruppierungen der sehr hetero­genen Glioblastome anhand ihrer mole­kularen Profile zu sortieren. Auch die Bild­bewertung, etwa von MRT-Auf­nahmen, können wir mit neuro­nalen Netzen viel akkurater durch­führen. KI könnte auch wichtig werden bei der Suche nach neuen Medi­kamenten. Es gibt riesige Chemi­kalien-Bibliotheken, die wir mit KI-Anwendungen viel besser durch­suchen können. Wir sind technisch sehr anspruchs­voll und unter­stützen teils auch die Ent­wicklung neuer Verfahren.

120 verschiedene Arten von Hirn­tumoren gibt es laut der Deutschen Hirn­tumor­hilfe. Am bös­artigsten, dem Glioblastom, erkranken in Deutschland pro Jahr knapp 3.000 Menschen.

4. Gibt es bereits Studien oder Anwendungen, bei denen Erkrankte un­mittelbar von Erkenntnissen des SFB profi­tieren?

Allerdings! Gerade wurde ein Studien­manuskript, das massiv durch den SFB be­fördert wurde, vom Magazin „Nature Medicine“ akzep­tiert. Hier geht es um die soge­nannte N2M2-Studie. In dieser haben wir mole­kular ziel­gerichtet in acht Therapie­armen versucht, das Gelernte Erkrankten zugute kommen zu lassen. Das war durch­aus erfolg­reich. Wichtig sind auch die Studien im Bereich der Immun­therapie, die allerdings feder­führend in Mannheim gemacht werden.

5. Was erwarten Sie in den nächsten fünf Jahren – wird sich die Prognose für Menschen mit Glioblastom verbessern?

Ich hoffe, dass wir weiter­hin Unter­gruppen finden, denen wir immer besser helfen können. Die Über­tragung unserer Erkennt­nisse in die Klinik ist dafür essen­ziell. Mit ihr kommen auch die Erfolge in der Therapie.

Kurz vorgestellt

Neurologie – moderne Diagnostik und Therapie für das Nervensystem

In der Neurologischen Klinik des UKHD werden Erkrankungen des zentralen und peripheren Nerven­systems sowie der Musku­latur mit modernsten Methoden diagnosti­ziert und behandelt. Mit einem erfahrenen Team aus mehr als 340 Mit­arbeitenden, speziali­sierten Statio­nen und Ambu­lanzen betreut die Abteilung jähr­lich mehr als 8.000 statio­näre und 23.000 ambu­lante Patientinnen und Patienten.

Besondere Schwerpunkte liegen in der Neuro­onkologie, vaskulären Neuro­logie, Neuro­immuno­logie, Akut- und Intensiv­neuro­logie sowie neuro­degenera­tiven Erkrankungen. Durch inter­diszi­plinäre Zusammen­arbeit und eine starke Forschungs­aktivität mit kli­nischen Studien profi­tieren Patientinnen und Patienten von neuesten wissen­schaftlichen Erkennt­nissen und fort­schrittlichen Therapien.

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Eine Person im weißen Kittel und mit Handschuhen hält einen Objektträger in die Luft und betrachtet ihn.
Eine Person im weißen Kittel und mit Handschuhen arbeitet mit einer Pipette.

Klinische Kooperationseinheit (KKE) Neuroonkologie zwischen DKFZ und MFHD

In der von Wolfgang Wick geleiteten KKE werden in mehreren eigen­ständigen Arbeits­gruppen Gliome, Hirn­metas­tasen und primäre ZNS-Lymphome untersucht. Schwer­punkte liegen sowohl in der Grund­lagen­wissen­schaft als auch in der Trans­lation.

Es bestehen intensive regionale, nationale und inter­nationale Koopera­tionen und Ver­knüpfungen ins­besondere in der Neuro­pathologie, Neuro­radiologie und Neuro­chirurgie.

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Neurochirurgische Klinik / Sektion für Neuropädiatrie und Stoffwechselmedizin

Lasertherapie: Kleiner Patient, große Chancen

Zum ersten Mal in Deutschland wurde bei einem Klein­kind mit Epilepsie ein gutartiger Hirn­tumor mit einer Kern­spintomographen (MRT)-gesteuerten Laser­therapie behandelt. Der minimal­inva­sive Eingriff am Universitäts­klinikum Heidelberg (UKHD) ist ein Meilen­stein in der pädiatrischen Neurochirurgie.

Rund 60-mal am Tag litt der zweijährige Kuzey trotz Medi­kamenten an epi­leptischen Anfällen. Der Grund: ein gutartiger Tumor im Hypo­thalamus. Zur Be­handlung wurde Kuzey im UKHD aufgenommen – eine der wenigen Kliniken in Deutschland, die über ein MRT-gestütztes Laser­katheter­system verfügt, finanziert von der Dietmar-Hopp-Stiftung.

Hochspezialisierte Laser-Therapie in Heidelberg

Prof. Dr. Steffen Syrbe betreute Kuzey und seine Familie. „Mit dem Tumor gab es einen klar loka­lisier­baren Ursprung, den man veröden konnte, ohne gesundes Hirn­gewebe zu zerstören“, erklärt der Leiter der Sektion pädiatrische Epi­lepto­logie am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin. Der Laser­katheter wird über einen Kern­spintomo­graphen präzise gesteuert. So lässt sich die Wärme­ent­wicklung kontrol­lieren und das Risiko für Kompli­kationen redu­zieren. Das Ver­fahren kann auch zur Therapie bös­artiger und tief­sitzender Hirn­tumoren und Hirn­metas­tasen oder bei Bewegungs­störungen eingesetzt werden.

Kuzey hatte einen gut­artigen Hirn­tumor, der bis zu 60 epi­leptische Anfälle pro Tag verursachte.
Gruppenbild mit zwei medizinischen Fachkräften, einer Mutter und einem kleinen Kind. Alle sitzen gemeinsam auf einer Behandlungsliege und lächeln.
Dank der mini­mal­invasiven Laser-Thermo­therapie ist Kuzey nun von seiner Epi­lepsie geheilt. Von links: Neurochirurg Prof. Dr. Martin Jakobs, Kuzey, Kinder-Neurologe Prof. Dr. Steffen Syrbe und Kuzeys Mutter.

Eingriff mit großer Wirkung

Immer wenn Kuzey vor dem Eingriff einen Anfall hatte, wurde sein Gehirn blockiert. Das bremste seine Gehirn­entwicklung, sodass er sich mit dem Sprechen lernen schwer­tat. Für alter­native Ver­fahren war er zu jung, daher ent­schieden sich die Ärzte für das inno­vative Ver­fahren. Durch ein drei Milli­meter großes Loch im Schädel­dach führte das Team eine Laser­sonde bis zum Hypo­thalamus. In nur 20 Minuten wurde der Tumor mittels Thermo­therapie zer­stört – und Kuzey wenige Tage später be­schwerde­frei ent­lassen. Seit­dem hatte er keinen An­fall mehr, sein Gehirn kann sich un­ge­stört ent­wickeln. „Auch wenn wir nur die Häufig­keit redu­ziert hätten, wäre das eine Ent­lastung gewesen“, sagt Prof. Dr. Martin Jakobs, Leiter der Sektion Stereo­taktische Neuro­chirurgie der Klinik für Neurochirurgie.

Etwa eines von 200.000 Kindern ist von einem Tumor, wie Kuzey ihn hatte, be­troffen. Diesen zu zer­stören dauerte dank der stereo­taktischen Laser-Thermo­therapie nur 20 Minuten.

Operation mit Zukunftsvektor

Prof. Jakobs sieht in dem Verfahren große Chancen. „Die Anwendungs­möglich­keiten der minimal­invasiven stereo­taktischen Neuro­chirurgie werden sich zum Beispiel durch die gezielte Gen­therapie bei kind­lichem Parkinsonismus und anderen Er­krankungen weiter­entwickeln“, sagt er. So erfolgte kürz­lich mit der Sek­tion für Neuro­pädiatrie und Stoff­wechsel­medizin die erste zu­ge­lassene Gen­therapie bei Kindern mit einer seltenen Stoff­wechsel­störung des Gehirns, dem AADC-Mangel. Hier­bei werden wenige Milliliter Wirk­stoff kontrolliert in Hirn­struk­turen ein­gebracht, danach kann das Gehirn die fehlenden Boten­stoffe bilden. Pers­pek­tivisch rechnet der Neuro­chirurg mit bis zu 30 Ein­sätzen pro Jahr bei ver­schiedenen Krank­heiten.

Medizin am Abend

Über Hightech in der Neuro­chirurgie sprach Prof. Dr. Sandro Krieg, Geschäfts­führender Direktor der Neuro­chirurgischen Klinik, bei der Vortrags­reihe „Medizin am Abend“. Hören Sie sich den Vortrag „Hirn­tumoren, Chro­nische Schmer­zen, Wirbel­säule – Neuro­chirurgie als Inno­vations­treiber“ als Pod­cast an.

Kurz vorgestellt

Neuropädiatrie – spezialisierte Versorgung neurologischer Erkrankungen im Kindesalter

Die Sektion für Neuro­pädiatrie und Stoff­wechsel­medizin am Zentrum für Kinder- und Jugend­medizin Heidelberg ist eine der führenden Ein­richtungen für die inter­diszi­plinäre Ver­sorgung von Kindern und Jugendlichen mit neuro­logischen Er­krankungen, Entwick­lungs­störungen, neuro­meta­bolischen und anderen sel­tenen neuro­logischen Erkrankungen.

Auf spezialisierten Stationen sowie im Sozial­pädiatrischen Zentrum werden jähr­lich zahl­reiche junge Patientinnen und Patienten behan­delt. Ein erfahrenes, multi­diszi­plinäres Team be­gleitet Familien von der Diag­nostik bis zur Thera­pie und arbeitet eng mit Fach­bereichen wie Neuro­chirurgie, Radio­logie und Kinder­chirurgie zusammen. Zudem ist die Sek­tion in inter­nationale Forschungs­netzwerke einge­bunden, um neueste wissen­schaftliche Erkennt­nisse direkt in die kli­nische Praxis zu übertragen.

Auch Kinder mit angeborenen Stoff­wechsel­erkrankungen erhalten hier eine speziali­sierte Betreuung, unter­stützt durch modernste Diag­nostik im Dietmar-Hopp-Stoffwechselzentrum.

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Außenansicht der Kinderklinik mit farbenfroher Glasfassade.
Außenansicht der Kinderklinik mit farbenfroher Glasfassade.

Neurochirurgie – präzise Operationen für das zentrale und periphere Nervensystem

Die Neurochirurgische Universitätsklinik Heidelberg zählt zu den inter­national führenden neuro­chi­rur­gischen Zentren. Mit fünf hoch­modernen OP-Sälen und einer speziali­sierten Intensiv­station ver­sorgt das Team jähr­lich rund 12.000 Patientinnen und Patienten und führt mehr als 3.500 Opera­tionen durch. Besondere Schwer­punkte sind die Hirn­tumor­chi­rurgie, vasku­läre Neuro­chi­rurgie, Schädel­basis­chi­rurgie, Wirbel­säulen­chi­rurgie sowie die Behand­lung von Kindern mit eben­solchen neuro­chi­rur­gischen Erkrankungen und Fehlbildungen.

Mit der Sektion pädiatrische Neuro­chirurgie beher­bergt die Neuro­chirurgische Klinik eine der größten und erfahr­ensten Kinder­neuro­chirurgischen Ab­teilungen des Landes.

Dank modernster OP-Technologie – darunter intra­operatives MRT, Neuro­navigation und Neuro­moni­toring – setzt die Klinik höchste Stan­dards in der Patienten­ver­sorgung. Enge Koopera­tionen mit inter­nationalen Forschungs­zentren und eine starke Forschungs­aktivität sichern den konti­nuierlichen medi­zinischen Fortschritt.

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Pädiatrische Epileptologie – spezialisierte Versorgung und Forschung für Kinder mit Epilepsie

Die Sektion für Pädiatrische Epileptologie am Zentrum für Kinder- und Jugend­medizin Heidelberg ist auf die Diag­nostik und Behandlung von Epi­lepsien im Kindes- und Jugendalter speziali­siert. Auch beglei­tende Bewegungs- oder Ent­wicklungs­störungen sowie psychische Belast­ungen werden im inter­diszi­plinären Team umfassend berücksichtigt.

Das zertifizierte Epilepsiezentrum bietet sämt­liche modernen Therapie­optionen – bis hin zur prä­chi­rur­gischen Diagnostik und lang­fristigen Be­treuung. Drei Video-EEG-Monitoring­plätze ermöglichen eine präzise Beur­teilung auch komplexer Anfälle.

Ein Forschungsschwerpunkt liegt auf den gene­tischen und immuno­logischen Ursachen von Epi­lepsien und deren früh­zeitiger, indi­vidu­alisierter Behand­lung. Ziel ist es, neue wissen­schaftliche Erkennt­nisse rasch in die kli­nische Ver­sorgung zu über­tragen – für eine bessere Zukunft epi­lepsie­kranker Kinder.

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Eine junge medizinische Fachkraft mit Mundschutz, im Hintergrund ist der Schriftzug „Innovate#“ zu sehen.

Innovationsräume und Pflegedienst Kopfklinik

Ein Raum 
für gute Ideen

Mit ihrem Stationskonzept der „Inno­vations­räume“ stellen enga­gierte Pflege­kräfte des Universitäts­klinikums Heidelberg (UKHD) nicht nur eta­blierte Ab­läufe auf den Kopf, sie machen sie vor allem besser. Eine Erfolgs­geschichte aus der Pflege – zum Nach­ahmen geeignet.

Ob Robin Krüger, David Eichstädter und Jan-Hendrik Träger 2020 ahnten, welchen Erfolg ihre Inno­vations­räume haben würden? Eher nicht. Doch fünf Jahre und zwei Aus­zeichnungen später gibt es am UKHD nicht mehr nur die Station Neuro­logie 6 als „Inno­vations­raum Pflege“, sondern zehn Inno­vations­räume in drei Kliniken. Und aus Tübingen, Ludwigshafen, Wiesloch, Nürnberg, Bremen und Wien fragen Klinik­mitar­beitende an, wie in Heidelberg die Pflege neu gestaltet wird.

Der Reihe nach: 2019 hatten die drei Pfleger genug. Sie wollten kons­truk­tive Lösungen für die He­raus­for­derungen ihres Berufs finden und grün­deten – außer­halb der Arbeits­zeit – die AG „Neue Pflege“. Das Ziel: sich mit anderen Pflege­kräften aus­tauschen und gemein­sam Ver­besserungs­ideen entwickeln.

10 Inno­vations­räume gibt es derzeit am UKHD, allein 8 auf ver­schiedenen Stationen der Kopf­klinik. Außer­dem gibt es einen Inno­vations­raum in der Ortho­pädie auf der Intensiv­pflege­station und einen weiteren in der Medi­zinischen Klinik auf der NCT-Station.

Pilot startete im Herbst 2020

Das daraus resul­tierende Konzept der Inno­vations­räume fand Zu­spruch beim damaligen Pflege­direktor Edgar Reisch sowie bei Prof. Dr. Wolfgang Wick, Ärztlicher Direktor der Neuro­logie, und Christine Faschingbauer, Pflege­dienst­leiterin der Kopf­klinik. Sie ermög­lichten ein Pilot­projekt: 2020 wurde eine freie Station mit zehn Betten zum ersten „Inno­vations­raum Pflege“ des UKHD.

Was das bedeutet, erklärt Silvia Gröger. Die Pflegerin hat Ver­sorgungs­forschung und Imple­mentierungs­wissenschaft im Gesund­heitswesen studiert und ist mit Christina Stang in der Stabs­stelle Pflege­ent­wicklung, Pflege­wissen­schaft und Inno­vations­manage­ment dafür zu­ständig, die Inno­vations­räume zu etablieren: „Ein Inno­vations­raum ist eine inter­pro­fessio­nelle Arbeits­umgebung. Es geht um pfle­gerische, ärzt­liche und thera­peutische Pers­pektiven“, sagt Silvia Gröger. Jede Station hat ein Inno­vations­board, auf dem alle Ideen notieren oder sich einer Idee an­nehmen dürfen. „Mindestens einmal in der Woche treffen sich alle Berufs­gruppen und Hie­rar­chie­ebenen der Station, um 15 Minuten die Projekte zu besprechen.“

Stationsflur: Im Vordergrund steht eine Gruppe medizinischer Fachkräfte an einem Wagen mit Laptop. Im Hintergrund sind weitere Personen in weißen Kitteln unscharf an einem Infusionsständer zu erkennen.
Neue Ideen einfach mal gemeinsam aus­pro­bieren – im Inno­vations­raum ist das mög­lich. 2 Auszeichnungen hat das UKHD bereits für das Stationskonzept der Inno­vations­räume erhalten: 2021 den Pflegepreis der Deutschen Gesellschaft für Neurologie und 2024 die Theodor-Fliedner-Medaille.

Im Fokus steht der Mehrwert einer Idee

Was bei einer Idee zählt, ist ihr Nutzen für Pati­entinnen und Pati­enten. Die Berufs­gruppe oder Hie­rar­chie­ebene der Ideen­gebenden ist zweit­rangig. Ein Beispiel sind die neu einge­führten Telefone für alle Berufs­gruppen auf einer Station. Zuvor hatten nur Ärztinnen und Ärzte sowie die Schicht­leitung Telefone, was zu Infor­mations­verlust und Über­lastung der Schicht­leitung führte. Nun können Ärztinnen und Ärzte direkt die zu­ständige Pflege­kraft erreichen. Das beschleu­nigt und ver­bessert die Kommunikation, zudem ermöglicht es die Teil­nahme aller Pflegekräfte an der Visite.

In Heidelberg haben sich die Inno­vations­räume defi­nitiv bewährt: „Ich bin begeis­tert, was die Inno­vations­räume bewirken“, sagt Silvia Gröger, „und dass dieser Strom an Ideen nie abreißt!“

Lesen Sie mehr zu den Innovationsräumen und zum Pflegedienst der Kopfklinik!

Portrait

Yvonne Dintelmann

Pflegedirektorin

„Die Innovationsräume zeigen eindrucksvoll, was möglich ist, wenn Pflegekräfte ihre Ideen einbringen können – ihr Engagement verändert unseren Klinikalltag spürbar.“

Klinische Neurobiologie / Pharmakologie

Kuner und Monyer – Pionierinnen aus Heidelberg

Erfolg für die Spitzen­forschung in Heidelberg: Prof. Dr. Rohini Kuner und Prof. Dr. Hannah Monyer erhalten je­weils den mit 2,5 Millionen Euro dotier­ten ERC Advanced Grant. Sie gehen mit ihren Teams grund­legenden Fragen zu Schmerz und neuro­degenera­tiven Erkrankungen auf den Grund.

Die Professorinnen Rohini Kuner und Hannah Monyer sind führende Forscher­innen der Medi­zinischen Fakultät Heidelberg – und echte Pionierinnen. 2024 wurden sie mit ERC Advanced Grants aus­ge­zeichnet. Für beide ist es die zweite Ver­leihung dieser För­derung, die der Europäische Forschungs­rat an besonders innovative Forschende vergibt.

Prof. Dr. Rohini Kuner

Direktorin des Pharmakologischen Instituts an der Medi­zinischen Fakultät Heidelberg

STECKBRIEF

Prof. Dr. Rohini Kuner

Pharmakologie, Direktorin des Pharma­kologischen Instituts an der Medi­zinischen Fakultät Heidelberg der Universität Heidelberg

Forschungsthema: Chronische Schmerzen

Ausgangsfragen: Wie unter­scheiden sich die zellu­lären Netzwerke der Schmerz­ver­arbeitung von denen anderer sen­so­rischer Wahr­nehmungen und kogni­tiver Funk­tionen? Wie beein­flussen sich die Netz­werke gegen­seitig? Wie wirken sich frühere Er­fahrungen, Ängste und Erwar­tungen auf Schmer­zen aus? Was ver­ändert sich bei chro­nischen Schmer­zen und wie kann diese Ver­änderung rückgängig gemacht werden?

Forschungsansatz: Prof. Dr. Kuner und ihr Team er­forschen neuro­nale Netz­werke, welche die Schmerz­wahr­nehmung in Abhängig­keit von Stimmung, Er­fahrung, Angst­gedächtnis und Erwar­tungen verarbeiten. Ziel ist es, die Zell­ver­bünde zu identi­fizieren und zu analy­sieren, die Schmer­zen von anderen Reizen ab­grenzen und sie trotz abge­klungener Ur­sache fort­bestehen lassen.

Ausblick: Aufbauend auf den Forschungs­ergeb­nissen soll geprüft werden, ob ge­zielte nicht-invasive Methoden hel­fen können, die neuro­nalen Schmerz­muster zu durchbrechen – und chronischen Schmerz dauerhaft zu lindern.

Auszeichnungen: u.a. Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (2023), ERC Advanced Grant (2011 und 2024)

Trotz wichtiger Erkennt­nisse der ver­gangenen Jahre ist es nach wie vor ein unge­löstes Rätsel, unter welchen Bedingungen Schmer­zen chro­nisch werden. Es fehlen noch zu viele Puzzle­teile, um das Gesamt­bild zu verstehen.

Prof. Dr. Jonas Tesarz und Prof. Dr. Rohini Kuner lächeln in die Kamera. Im Hintergrund sind unscharf die Reihen eines Hörsaals zu erkennen.
In der Vortragsreihe „Medizin am Abend“ sprachen Prof. Dr. Rohini Kuner und der Experte für psycho­logische Schmerz­therapie, Prof. Dr. Jonas Tesarz, über das Thema chronischer Schmerz. Hören Sie den Podcast „Mit indi­vidu­ellen Therapien gegen chro­nische Schmerzen“.

STECKBRIEF

Prof. Dr. Hannah Monyer

Neurobiologie, Leiterin der Ko­operations­abteilung Kli­nische Neuro­bio­logie in der Neuro­logischen Klinik des UKHD und am Deutschen Krebs­forschungszentrum (DKFZ)

Forschungsthema: Gedächtnis­bildung

Ausgangsfragen: Welche Funktion haben spezielle Nerven­zellen in einer ent­schei­denden Hirnregion, dem Septum, bei der Steuerung des Gedächt­nisses? Welche zellulären Mecha­nismen stecken hinter dem Ausfall der Septum-Neuronen? Und welche Rolle hat dieser Funktions­verlust bei der Ent­wicklung neuro­degenera­tiver Er­krankungen wie Alzheimer?

Forschungsansatz: Prof. Dr. Hannah Monyer und ihr Team unter­suchen, wie der Funktions­verlust der Septum-Neuronen die Gedächt­nis­bildung beein­trächtigt. Dabei liegt der Schwer­punkt auf Defekten im Energie­stoff­wechsel als Ursache der hohen Stör­anfällig­keit dieser Zellen.

Ausblick: Ziel ist es, die Rolle der Septum-Schritt­macher­zellen bei frühen Symp­tomen neuro­degenera­tiver Erkrank­ungen zu klären und daraus neue Ansatz­punkte für thera­peutische Inter­ventionen zu ent­wickeln.

Auszeichnungen: u.a. Bundesverdienstkreuz (1999), Leibniz-Preis (2004), Lautenschläger-Forschungspreis (2020), ERC Advanced Grant (2010 und 2024)

Prof. Dr. Hannah Monyer

Leiterin der Ko­operations­abteilung Kli­nische Neuro­bio­logie in der Neuro­logischen Klinik des UKHD und am Deutschen Krebs­forschungszentrum (DKFZ)

Wir wissen mole­kular genau, wie simple Krea­turen wie Fliegen und Würmer ver­gessen, welcher Rezeptor bei ihnen im Gehirn akti­viert wird, um Platz in ihrem Speicher zu schaffen. Bei einem Demenz­kranken ist das anders. Ich möchte ver­stehen, was in seinem Gehirn passiert.

Prof. Dr. Hannah Monyer spricht mit Mikrofon vor einer Tafel – eine Vortragssituation.
Die Lebens­geschichte von Prof. Dr. Hannah Monyer ist genauso beein­druckend wie ihre Hirn- und Gedächtnis­forschung. Wer mehr zu beidem erfahren möchte, kann sich ihren Gast­auftritt im Podcast „Apokalypse & Filterkaffee – Heimspiel“ anhören.

Kurz vorgestellt

Klinische Neurobiologie – Forschung zu den Grundlagen neuronaler Kommunikation

Das Team der Abteilung für Kli­nische Neuro­bio­logie erforscht, wie Nerven­zellen im Gehirn mit­einander kommu­nizieren und wie diese Pro­zesse unser Denken, Lernen und Erinnern beein­flussen. Im Mittel­punkt steht dabei die Rolle so­genannter Inter­neurone, die wie Diri­genten in einem Orchester die Akti­vität anderer Nerven­zellen steuern und für eine koordi­nierte Zusammen­arbeit sorgen.

Ein besonderes Interesse gilt der Synchro­nisation von Nerven­zellen – ein Prozess, der es ermöglicht, Sinnes­ein­drücke zu einem Gesamt­bild zu ver­knüpfen und komplexe Gedächt­nis­leis­tungen zu er­bringen. Störungen in dieser neuro­nalen Ab­stimmung spielen eine Rolle bei neuro­logischen Erkrankungen wie Epi­lepsie oder Schlaganfall.

Die Abteilung ist eng mit der Universität Heidelberg und dem Deutschen Krebs­forschungs­zentrum (DKFZ) vernetzt und leis­tet mit ihrer Grund­lagen­forschung einen wichtigen Bei­trag zum Ver­ständnis von Gehirn­funktionen und deren Störungen.

Zur Website der Abteilung klinische Neurobiologie

Molekulare Pharmakologie – neue Ansätze in der Schmerzforschung

Chronische Schmer­zen sind häufig schwer be­handel­bar und her­kömmliche Schmerz­mittel oft nicht aus­reichend wirk­sam. Die Ab­teilung für Mole­kulare Pharma­kologie erforscht die zugrunde liegenden Mecha­nismen von Schmer­zen, die durch lang­an­hal­tende Ent­zündungen oder Krebs­erkrankungen entstehen.

Ein besonderer Fokus liegt auf der Unter­suchung von Nerven­zellen, die Schmerz­reize weiter­leiten, sowie auf deren Ver­bindungen im Rücken­mark. Durch modernste gene­tische, elektro­physio­logische und bild­gebende Ver­fahren wollen die For­schenden ver­stehen, wie Schmerz­sig­nale ent­stehen und sich lang­fristig verändern.

Ziel ist es, neue thera­peutische An­sätze zu ent­wickeln, um chro­nische Schmer­zen gezielt und wirk­sam zu lindern – ein wich­tiger Schritt für Patientinnen und Patienten, die bis­lang nur unzu­reichende Behand­lungs­möglich­keiten haben.

Zur Website der Arbeitsgruppe Kuner Im Pharmakologischen Institut der MFHD
Symbolbild für Notfälle: Leuchtendes Blaulicht auf dem Dach eines Rettungsfahrzeugs, im Anschnitt zu sehen.

Neuroradiologie

Hilfe nach schwerem Schlaganfall

Internationale Studie bestätigt: Auch bei schweren Schlag­an­fällen zeigt die Be­hand­lung mittels eines Katheters zur Öffnung des Gefäß­ver­schlusses Er­folge – und das nachhaltig.

Patientinnen und Patienten mit einem schweren Schlag­an­fall haben oft schlechte Aus­sichten: Wenn ein großes Gefäß im Gehirn ver­schlossen und be­reits viel Hirn­gewebe geschädigt ist, gel­ten die Chancen auf Er­holung als gering. Doch eine inter­natio­nale kli­nische Studie unter Lei­tung des Universitäts­klinikums Heidelberg (UKHD) und des Universitäts­klinikums Hamburg-Eppendorf zeigt: Auch in diesen Fällen lohnt sich ein spezieller Katheter­eingriff.

Eine medizinische Fachkraft im weißen Kittel spricht gestikulierend mit einem Patienten. Im Hintergrund zeigt ein Monitor ein MRT-Bild eines Kopfes, der Patient ist unscharf von hinten zu sehen.
Nach der Katheterbehandlung waren die Patientinnen und Patienten beweg­licher und hatten eine bessere Lebens­qualität. Am UKHD werden sie nach dem Ein­griff auf der Stroke Unit der Neuro­logie weiter versorgt.
9 Länder: Die TENSION-Studie erfolgte in 40 Schlag­an­fall­zentren in acht Ländern Europas sowie in Kanada.

Kathetereingriff verbessert Blutfluss

Bei der sogenannten endo­vasku­lären Throm­bek­tomie wird über einen kleinen Zu­gang – meist in der Leiste – ein feiner Katheter durch die Blut­gefäße bis ins Gehirn vor­ge­schoben. Dort ent­fernt ein win­ziges Draht­geflecht das Blut­gerinnsel, das den Schlag­an­fall ausgelöst hat. So kann die Durch­blutung wieder­her­ge­stellt und weiterer Schaden im Ge­hirn verhindert werden. Bis­lang wurde die Katheter­behand­lung gemäß inter­natio­naler Leit­linien nur dann ange­wandt, wenn nach­weisbar erst wenig Hirn­gewebe durch den Schlag­an­fall geschädigt worden war.

Die europäische TENSION-Studie, deren Lang­zeit­ergebnisse 2024 ver­öffent­licht wurden, belegt: Auch bei schwer Be­troffenen mit großem Infarkt­volumen bringt diese Behand­lung nach­haltige Vor­teile. Ein Jahr nach dem Schlag­an­fall waren Patientinnen und Patienten, die mit Throm­bek­tomie be­handelt wurden, beweg­licher, lebten selbst­ständiger, hatten eine bessere Lebens­qualität – und überlebten häufiger als jene, die die Standard­therapie, bei der das Blut­gerinnsel – soweit möglich – medi­kamentös auf­gelöst wird, erhielten.

EU fördert Studie mit 6 Millionen Euro

„Die TENSION-Studie leistet einen wichtigen Bei­trag, um die akute Schlag­anfall­ver­sorgung nach­haltig zu ver­bessern. Sie belegt ein­drucks­voll den unmittel­baren Nutzen, den gut ge­machte und inter­national ange­legte Studien für die Patientinnen und Patienten haben können“, sagt Prof. Dr. Martin Bendszus, klinischer Studienleiter von TENSION und Ärztlicher Direktor der Ab­teilung für Neuro­radio­logie am UKHD.

Die von der Euro­päischen Union mit mehr als 6 Millionen Euro geför­derte TENSION-Studie (Efficacy and safety of ThrombEctomy iN Stroke with extended leSION and extended time window: a randomized, controlled trial) wurde in 40 Schlag­an­fall­zentren in acht Ländern Europas sowie in Kanada durchgeführt.

Porträt von Prof. Dr. Martin Bendszus.

Prof. Dr. Martin Bendszus

Ärztlicher Direktor der Abteilung für Neuroradiologie am UKHD

Kurz vorgestellt

Neuroradiologie – hochpräzise Bildgebung und minimalinvasive Eingriffe

Die Neuro­radiologie am Universitäts­klinikum Heidelberg ist auf die bild­gebende Diag­nostik und inter­ventio­nelle Thera­pie von Erkrankungen des Gehirns, Rücken­marks und der peri­pheren Nerven speziali­siert. Mit modernster Tech­nik – darunter sechs MRT-Geräte, ein CT und hoch­speziali­sierte Angiographie-Anlagen – führt das Team jähr­lich mehr als 15.900 MRT- und 14.000 CT-Unter­suchungen durch.

Ein besonderer Schwer­punkt liegt auf inno­vativen, mini­mal­inva­siven Behand­lungs­ver­fahren, etwa bei Aneurysmen, arteriovenösen Fehl­bildungen oder chro­nischen Schmerzen. Jähr­lich werden mehr als 1.200 Ein­griffe und 1.100 diag­nostische Angiographien durch­geführt.

Zusätzlich bietet die Ab­teilung speziali­sierte Ver­fahren wie das Fetale MRT, die MR-Neuro­graphie zur Unter­suchung peri­pherer Nerven sowie die strahlungs­freie Dental-MRT an. Durch konti­nuier­liche For­schung und technische Weiter­entwicklung stellt die Neuro­radio­logie in Heidelberg höchste diag­nostische und thera­peutische Quali­tät sicher.

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Außenansicht der Kopfklinik aus erhöhter Perspektive. Im Vordergrund stehen Bäume in warmem Abendlicht.

Hopp-Kinderturmorzentrum Heidelberg (KiTZ)

Vier gewinnt: KiTZ erhält Millionenförderung

Mit 6,5 Millionen Euro fördert das euro­päische Programm „Fight Kids Cancer“ (FKC) gleich vier Projekte am Hopp-Kinder­tumor­zentrum Heidelberg (KiTZ). Im Fokus: kind­liche Hirn­tumoren.

Es erkranken wenige Kinder an Krebs. Das ist gut. Es bedeutet aber auch, dass kli­nische Forschung nur durch inter­nationale Zusammen­arbeit erfolgreich sein kann. Das gilt auch für kind­liche Hirn­tumoren, mit denen sich die vier Projekte be­fassen, die FKC 2024 fördert:

1. SOUP analysiert Erbgut aus Nervenwasser

Das Projekt SOUP (Scanning the liquids of paediatric brain tumour patients to personalize treatment) ent­wickelt einen mole­kularen, minimalinvasiven Test für Hirn­tumoren bei Kindern und Jugend­lichen. Dieser soll eine Klassi­fizierung des Krebses ermöglichen – un­ab­hängig von einer Operation. 14 For­schungs­zentren aus sieben Län­dern analy­sieren dafür Erb­gut­frag­mente im Nerven­wasser. Die Ergeb­nisse gehen ein in die Planung von Opera­tionen und Thera­pien. Fördersumme: 1.998.000 Euro.

2. FIGHT4MB erforscht Medulloblastomen

Mit Zentren in Portugal, Spanien und Deutschland erforscht FIGHT4MB eine Form von Medulloblastomen, dem häufigsten bös­artigen Tumor im zen­tralen Nerven­system von Kindern und Jugend­lichen. Kürz­lich wurden, auch durch eine Studie am KiTZ, die ent­scheidenden Mu­ta­tionen und der Zell­typ identi­fi­ziert, die zu ihrer Ent­stehung führen. Nun lassen sich die Tumoren im Labor züchten und Schwach­stellen suchen. Förder­summe: 1.678.000 Euro.

3. ITCC-BrainTAP testet neue Therapieansätze

In diesem Programm engagieren sich Zentren aus Österreich, den Nieder­landen, Groß­britannien und Deutschland. Ziel von BrainTAP ist es, 15 Therapie­ansätze zur Be­kämpfung von kind­lichen Hirn­tumoren an patienten­spezi­fischen Labor­modellen zu testen, um dann kli­nische Stu­dien anzu­stoßen. Die Modelle stellt die auf Ini­tiative des DKFZ und KiTZ gegrün­dete ITCC-P4 gGmbH bereit. Das soll die Zu­lassung neuer Medi­kamente verein­fachen. Fördersumme: 2.000.000 Euro.

4. EUROPE forscht an Ependymomen

Im Projekt EUROPE (Exploring unknown relapse origins in paediatric Ependymoma) kon­zen­trieren sich vier deutsche und nieder­ländische Zentren auf Ependymome, die dritt­häufigste Art bös­artiger Hirn­tumoren im Kindes­alter. Tumor-Unter­suchungen sollen zelluläre Mecha­nismen bei Rück­fällen auf­decken und neue Schwach­stellen in der Tumor­bio­logie identi­fi­zieren, was für die Ent­wick­lung neuer Medi­kamente wichtig ist. Fördersumme: 878.000 Euro.

Kurz vorgestellt

KiTZ – innovative Krebsmedizin für Kinder und Jugendliche

Das Hopp-Kinder­tumorzentrum Heidelberg (KiTZ) ist eine gemein­same Ein­richtung des Deutschen Krebs­forschungs­zentrums, des Universi­täts­klinikums Heidelberg und der Universität Heidelberg. Als speziali­siertes Therapie- und Forschungs­zentrum ver­eint es modernste Krebs­medizin mit inno­vativer Wissen­schaft, um neue Behand­lungs­möglich­keiten für Kinder und Jugend­liche mit Krebs- und schweren Blut­erkrankungen zu ent­wickeln.

Besonderes Augen­merk liegt auf der perso­nali­sierten Medi­zin: Alle Kinder, auch die­jenigen mit besonders seltenen oder schwer be­handel­baren Tumoren, für die es noch keine eta­blierten Behand­lungs­ver­fahren gibt, erhalten am KiTZ durch inter­diszi­plinäre Experten­teams indi­viduelle Therapie­pläne. Viele junge Patientinnen und Patienten können an kli­nischen Studien teil­nehmen und so früh­zeitig von neuen Therapie­optionen profitieren.

Das KiTZ setzt sich dafür ein, Erkennt­nisse aus der Forschung schnell in die kli­nische An­wendung zu bringen – von der Diag­nose über die Behand­lung bis zur Nach­sorge.

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Eine Ärztin mit Stethoskop und Mundschutz sitzt einem Kleinkind gegenüber. Sie hält ein Kuscheltier-Reh in der Hand, nach dem das Kind greift. Das Kind ist unscharf von hinten zu sehen.
© Tobias Schwerdt/ KiTZ

Zentrum für Psychosoziale Medizin (ZPM), Klinik für Allgemeine Psychiatrie, Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik

Aggression unter der Lupe

Die Medizinische Fakultät Heidelberg (MFHD) der Universität Heidelberg ist an einem neuen Sonder­forschungs­bereich (SFB) der Deutschen For­schungs­gemein­schaft (DFG) beteiligt. Das trans­regio­nale Forschungs­projekt unter­sucht die biologischen Grundlagen aggressiven Verhaltens bei psy­chischen Erkrankungen.

Wie entsteht aggressives Ver­halten bei Menschen mit psy­chischen Er­krankungen? Dieser Frage geht der neue trans­regionale SFB 379 „Neuropsychobiologie der Aggression: Ein trans­diag­nostischer Ansatz bei psy­chischen Störungen“ nach. Die DFG fördert das interdisziplinäre Vorhaben in den kommenden vier Jahren mit rund 16 Millionen Euro.

Großes Spektrum an Erkrankungen im Blick

Koordiniert wird der SFB von der Rheinisch-Westfälischen Tech­nischen Hochschule Aachen. Die MFHD ist so wie die Medi­zinische Fakultät Frankfurt Mit­an­trag­stellerin. Co-Sprecherin Prof. Dr. Sabine Herpertz, Wissen­schaftlerin an der MFHD und Ärztliche Direk­torin der Klinik für All­gemeine Psy­chia­trie am Universitäts­klinikum Heidelberg (UKHD), vertritt den Stand­ort Heidelberg und Mannheim mit dem Zentral­institut für Seelische Gesund­heit. „Wir wollen besser ver­stehen, warum Menschen mit psy­chischen Er­krankungen manch­mal aggressiv werden – und welche Rolle Ärger oder Wut sowie die Fähig­keit zur Selbst­kon­trolle spielen“, erklärt Prof. Herpertz.

Ziele: Prävention und Intervention

Bislang ist wenig darüber bekannt, welche Prozesse dazu führen, dass Menschen mit psy­chischen Er­krankungen aggressiv reagieren. Daher unter­sucht das For­schungs­team viele Ebenen – von gene­tischen An­lagen und bio­logischen Ab­läufen in den Zellen bis hin zu Hor­monen, Akti­vitäten im Gehirn und zwischen­mensch­lichem Ver­halten.

Ziel der Forschung ist, typische bio­logische Merkmale zu er­kennen, die mit aggres­sivem Ver­halten zusammen­hängen. Dies soll helfen, Möglich­keiten zur Vor­beugung und Behand­lung zu ent­wickeln – indi­viduell ange­passt an die Betroffenen.

Portrait von Prof. Dr. Sabine Herpertz

Prof. Dr. Sabine Herpertz

Wissenschaftlerin an der MFHD und Ärztliche Direktorin der Klinik für Allgemeine Psychiatrie des UKHD

Kurz vorgestellt

Psychiatrie – ganzheitliche Behandlung und Forschung für psychische Gesundheit

Die Klinik für Allgemeine Psychiatrie am UKHD vereint modernste Diag­nostik, indi­viduelle Therapieansätze und inno­vative For­schung, um psychische Er­krankungen um­fassend zu ver­stehen und zu be­handeln. Dabei werden sowohl bio­logische als auch psy­cho­soziale Faktoren berück­sichtigt, um eine ganz­heitliche Ver­sorgung zu gewährleisten.

Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Erforschung der neuro­bio­logischen Grund­lagen psy­chischer Er­krankungen, etwa bei affek­tiven Störungen, psy­chotischen Er­krankungen, Persön­lichkeits­störungen sowie auch bei krank­heits­bedingtem aggressivem Verhalten. Mit­hilfe modernster Bild­gebung und neuro­physio­logischer Ver­fahren werden Gehirn­funk­tionen unter­sucht, um indi­vidu­elle Krank­heits­mecha­nismen besser zu ver­stehen und ge­zielte, für die indi­vidu­ellen Patientinnen und Patienten passende Thera­pie­ansätze zu entwickeln.

Neben statio­nären, tages­klinischen und ambu­lanten Ange­boten ein­schließ­lich „home treatment“ bietet die Klinik spezi­ali­sierte Sprech­stunden, eine Gedächtnis­ambulanz sowie inter­diszi­plinäre Programme zur Früh­er­kennung und Therapie psy­chiatrischer Erkrankungen.

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Gebäudeansicht der Allgemeinen Psychiatrie.
Übungssituation im Skills Lab: Ein junger Mann mit weißen Handschuhen hält eine lange Nadel an ein Modell eines menschlichen Rückens.

SKills Lab in der Medizinischen Lehre

Realitätsnah üben, 
sicher anwenden

Im Skills Lab trainieren Medizinstudierende die Lumbalpunktion – eine Schlüsseltechnik der Neurologie.

Die Lumbal­punktion ist eine wichtige diag­nostische Tech­nik in der Neurologie: Sie lie­fert wert­volle Hin­weise bei Erkrankungen wie Multipler Sklerose, Ent­zündungen des Gehirns oder bestimmten Krebs­formen. Auch in der modernen For­schung spielt sie eine immer größere Rolle, wenn zum Beispiel bei soge­nannten Liquid Biopsies Nerven­wasser auf gene­tische Sig­naturen von Er­krankungen unter­sucht wird. Für an­gehende Ärztinnen und Ärzte ist sie des­halb un­ver­zicht­bares Hand­werks­zeug. Bis vor wenigen Jahren wurde sie im Medi­zin­stu­dium nur theo­retisch unterrichtet.

An der Medizinischen Fakultät Heidelberg wurde des­halb das Skills Lab Lumbal­punktion ein­geführt – eine praxis­nahe Übungs­einheit, die Teil des vier­wöchigen Neurologie-Moduls ist. „Viele Studierende hatten zuvor große Unsicher­heiten bei dieser Technik“, sagt Prof. Dr. Jan Purrucker, der das Format gemein­sam mit Kolleginnen und Kollegen der Klinik für Neuro­radio­logie betreut. „Mit dem Skills Lab können wir sie deut­lich besser auf ihre prak­tische Arbeit vorbereiten.“

Im Skills Lab üben die Studierenden in Klein­gruppen an zwei realis­tischen Modellen: einem ana­tomischen Modell der Wirbel­säule und einem Punktions­trainer, bei dem eine Nadel ein­geführt werden kann. Sie lernen, wie die Rücken­marks­haut aufgebaut ist, wie die Punk­tions­nadel richtig gehalten wird – und be­kommen ein Gespür für die Situ­ation. Erfahrene Dozent­innen und Dozenten beglei­ten die Übungen und geben direktes Feedback.

Was ist eine Lumbalpunktion?

Bei einer Lumbal­punktion wird mit einer feinen Nadel im unteren Rücken eine Probe des Nerven­wassers (Liquor) ent­nommen. Diese Flüssig­keit umgibt das Ge­hirn und Rücken­mark. Sie gibt wichtige Hin­weise bei neuro­logischen Erkrankungen – etwa ob Ent­zündungen vorliegen, eine Auto­immun­erkrankung besteht oder ein Tumor das zen­trale Nerven­system betrifft.

Dank neuer Verfahren – wie der so­genannten Liquid Biopsy – lässt sich die Flüssig­keit heute auch auf gene­tische Ver­änderungen hin unter­suchen. So wird die Lumbal­punktion zu­nehmend zu einem Werk­zeug der modernen, perso­nali­sierten Medizin.

Eine Gruppe Studierender betrachtet gemeinsam ein Modell der menschlichen Wirbelsäule. Im Vordergrund beugt sich ein Student konzentriert über ein Rückenmodell. Daneben stehen eine Flasche Desinfektionsmittel und eine medizinische Fachperson im weißen Kittel.
Praxisnah üben: Im Skills Lab lernen Medizinstudierende, wie sie mit feiner Nadel Nervenwasser entnehmen.

Kurz vorgestellt

Heidelberger Liquorlabor – Expertise auf höchstem Niveau

Das Liquorlabor der Neurologischen Uni­versitäts­klinik Heidelberg zählt zu den führenden Ein­rich­tungen seiner Art in Deutschland. Es ist durch die Deutsche Gesell­schaft für Liquor­diag­nostik und Kli­nische Neurochemie (DGLN) als Aus­bildungs­labor zerti­fiziert und seit vielen Jahren spe­ziali­siert auf die Analyse von Nervenwasser.

Rund 4.000 Proben pro Jahr werden hier unter­sucht – unter anderem auf Zellen, Eiweiße, Ent­zündungs­zeichen oder Tumor­marker. Auch moderne mole­kulare Ver­fahren kommen zum Einsatz, etwa um nach gene­tischen Veränderungen bei Hirn­tumoren (Liquid Biopsy) oder bei sel­tenen Auto­immun­er­krankungen zu fahnden.